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/ 05.06.2013
Georg Fülberth

Berlin - Bonn - Berlin. Deutsche Geschichte seit 1945

Köln: PapyRossa Verlag 1999; 315 S.; geb., 36,- DM; ISBN 3-89438-168-X
Nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands im Mai 1945 waren sich die Alliierten einig, wie die "Deutsche Frage" zu lösen sei: Deutschland sollte nicht ein drittes Mal in die Lage gelangen können, einen Weltkrieg auszulösen. Doch im Zuge der Blockkonfrontation und der Spaltung Deutschlands geriet die "deutsche Gefahr" angesichts der Systemantagonismen zunehmend aus dem Blickfeld und die deutsche Frage wurde neu definiert: "Es ging in erster Linie nicht mehr darum, den 'deutschen Sonderweg' zu beenden [...], sondern die staatliche Einheit wiederherzustellen." (15) Fülberth versucht, die Parallelentwicklung beider deutscher Teilstaaten vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung als zweigleisige Entwicklung deutscher Geschichte zu beschreiben. "Berlin" und "Bonn" bilden die Pole der deutschen Teilungsgeschichte, die Fülberth chronologisch in den wichtigsten Etappen nachzeichnet. Mit der Wiedervereinigung scheint die deutsche Frage einerseits gelöst, andererseits – in ihrer älteren Formulierung - neu aufgeworfen. Die Einbindung deutscher Souveränität in den europäischen Integrationsprozeß hat allem Anschein nach jedoch auch diese Frage beantwortet. Die detaillierte Analyse Fülberths gibt einen pointierten Überblick über wichtige Stationen deutscher Nachkriegsgeschichte bis zur Abwahl der Regierung Kohl im September 1998. An einigen Stellen weicht die objektive Berichterstattung jedoch einer tendenziösen Darstellung, die sich in Teilen wie eine Apologie der DDR-Geschichte ausnimmt. Die unkritische Übernahme des Attributs "antifaschistisch", das mit seiner antiwestlichen Konnotation (Dimitroff-These) immerhin zu den Schlagwörtern der sozialistischen Propaganda zählte, mag noch so hingehen. Wenn Fülberth aber von der Währungsreform in den westlichen Besatzungszonen als einem "Umverteilungsakt zugunsten der Eigentümer von Produktionsmitteln und von Grund und Boden" (21) spricht, die Truman-Doktrin als eine konservative Reaktion auf einen "angeblichen kommunistischen Umsturz" (13, Hervorhebung FW) deutet, so läßt sich die Kritik an der westalliierten Politik indirekt als Rechtfertigung der sowjetischen lesen. Die erste Berlin-Krise wertet Fülberth als eine "große und erfolgreiche Propagandamaßnahme der USA" (15), die Luftbrücke sei "unter der Behauptung, die sowjetische Besatzungsmacht versuche die Aushungerung Westberlins" (14 f.), installiert worden. Lapidar bemerkt er zur Zwangsvereinigung von KPD und SPD: "Am 21. und 22. April 1946 schlossen sich SPD und KPD auf einem Gründungskongreß zur 'Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands' (SED) zusammen." (29) Wenig später unterstreicht er die vermeintliche Freiwilligkeit dieses Zusammenschlusses mit der Bemerkung, es sei "der lebhafte Wunsch vieler sozialdemokratischer Mitglieder [gewesen], die Spaltung der politischen Arbeiterbewegung [...] zu überwinden" (29).
Florian Weber (FW)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.3131.2 Empfohlene Zitierweise: Florian Weber, Rezension zu: Georg Fülberth: Berlin - Bonn - Berlin. Köln: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/8613-berlin---bonn---berlin_11343, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 11343 Rezension drucken
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