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/ 05.09.2013
Thorsten Kruse

Bonn – Nikosia – Ostberlin. Innerdeutsche Fehden auf fremdem Boden 1960-1972

Ruhpolding: Verlag Franz Philipp Rutzen 2013 (Peleus 58); 367 S.; geb., 49,- €; ISBN 978-3-447-06766-9
Politikwiss. Diss. Münster; Begutachtung: R. Meyers, H. A. Richter. – Lange Zeit wurde in der Fachliteratur die Ansicht vertreten, dass es in den Jahren zwischen der Unabhängigkeit und der Teilung Zyperns keine nennenswerten politischen Aktivitäten von deutscher Seite auf der Insel gab, weil Bonn bestrebt war, in der Zypernfrage Neutralität zu wahren. Thorsten Kruse hat im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes lagernde Akten gesichtet, die diese Ansicht infrage stellen, denn „es zeichnete sich ab, dass die beiden deutschen Staaten auf der geostrategisch bedeutsamen Insel nicht nur bestrebt waren, die eigenen außenpolitischen Vorstellungen durchzusetzen, sondern dass sie dort auch in einen intensiven diplomatischen Stellvertreterkrieg eintraten“ (10). Daher fragt der Autor, wie sich der junge zypriotische Staat außenpolitisch orientierte, um den verschiedenen Interessen anderer Staaten und Blöcke zu begegnen. Welche Interessen verfolgten die Bundesrepublik und die DDR im östlichen Mittelmeerraum und speziell auf Zypern? Wie sollten diese umgesetzt werden? Welche Interdependenzen entstanden dabei und welche Auswirkungen hatten diese? Aufgrund der Aktenauswertung gelangt Kruse zu dem Ergebnis, dass die beiden deutschen Staaten auch auf Zypern um die Durchsetzung ihrer jeweiligen Interessen gerungen haben: Indem das Bonner Konsulat in Nikosia Mitte der 1950er‑Jahre zur Botschaft erhoben wurde, wollte die Bundesrepublik einerseits ihre Interessen als NATO‑Mitglied unterstreichen und andererseits die Präsenz des (nach Maßgabe der Hallstein‑Doktrin) einzig legitimen deutschen Staates betonen. Anders als es die Bundesrepublik erwartet hatte, verfolgte Präsident Makarios III. allerdings stets eigene – und eben nicht immer westliche – Interessen. So beteiligte er sich beispielsweise an der Gründung der Bewegung blockfreier Staaten und spielte während der Auseinandersetzungen zwischen den beiden zypriotischen Volksgruppen zu Beginn der 1960er‑Jahre sowohl die Sowjetunion und die NATO‑Staaten als auch die DDR und die Bundesrepublik geschickt gegeneinander aus.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 4.214.24.212.614.12.3142.313 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Thorsten Kruse: Bonn – Nikosia – Ostberlin. Ruhpolding: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36133-bonn--nikosia--ostberlin_43672, veröffentlicht am 05.09.2013. Buch-Nr.: 43672 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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