/ 27.02.2014

Erich G. Fritz (Hrsg.)
Brasilien: Auf dem Sprung zur Weltwirtschaftsmacht? Hrsg. im Auftrag der Auslandsgesellschaft NRW
Oberhausen: Athena-Verlag 2013 (Forum Internationale Politik: Brückenschlag 8); 254 S.; brosch., 19,50 €; ISBN 978-3-89896-550-7Der Band versteht sich als Beitrag der Auslandsgesellschaft Nordrhein‑Westfalen e. V. zum Deutschlandjahr in Brasilien, das 2013 unter dem Motto „Wo Ideen sich verbinden“ begangen wurde. Entsprechend stehen daher Beiträge über die deutsch‑brasilianischen (Wirtschafts‑)Beziehungen sowie Betrachtungen von Unterschieden und Gemeinsamkeiten von Werten, politischen Zielen und Wegen der Politikgestaltung im Mittelpunkt. Darin wird wiederholt die wichtige Bedeutung Brasiliens für die deutsche Wirtschaft hervorgehoben. Zudem finden sich Analysen über gegenwärtige wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklungen und Herausforderungen Brasiliens. So beschreiben Carlos Alberto de Melo und Humberto Dantas das Land als – zum ersten Mal in seiner Geschichte – politisch und sozial stabil, machen aber zugleich auf Unzulänglichkeiten und Spannungen im politischen und gesellschaftlichen Gefüge aufmerksam. Sie konstatieren, dass sich Brasilien „momentan in einer Situation des Stillstands befindet“ und die politische Führungsriege dem (altbekannten) Dilemma ausgesetzt ist, „die Institutionen des demokratischen Systems zu reformieren ohne zugleich ihre Privilegien einzubüßen“ (194). Einen Schlüssel zur Behebung der aufgezeigten Mängel sehen die Autoren in einer umfassenden Reform des Bildungssystems als Voraussetzung dafür, dass sich ein politisches Bewusstsein in der Gesellschaft ausbilden kann. Die Einschätzung Brasiliens als junge Demokratie auf steinigem Wege im Innern wird komplettiert durch ein ambivalentes Bild von der außenpolitischen Ausrichtung. Johannes Plagemann und Sibylle Röhrkasten verweisen in ihrem historischen Rückblick auf eine „traditionelle Suche nach Großmachtstatus“ (104) und verorten die außenpolitische Haltung Brasiliens zwischen Engagement in internationalen Foren und einer historisch tradierten Skepsis gegenüber Staaten des industrialisierten Nordens. Dieses ausgeprägte Nord‑Süd‑Denken unterstreicht auch Claudia Zilla, die nach der Rolle der Demokratie in der brasilianischen Außenpolitik fragt. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass für Brasilien die „Solidarität mit dem globalen Süden außenpolitisch relevanter [ist] als die Solidarität mit der demokratischen Welt“ (79).
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.65 | 4.21 | 4.22 | 4.2 | 4.3 | 4.43 | 3.6 | 2.263 | 4.44 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Erich G. Fritz (Hrsg.): Brasilien: Auf dem Sprung zur Weltwirtschaftsmacht? Oberhausen: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36795-brasilien-auf-dem-sprung-zur-weltwirtschaftsmacht_44861, veröffentlicht am 27.02.2014. Buch-Nr.: 44861 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenDipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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