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/ 20.06.2013
Manfred Hettling / Bernd Ulrich (Hrsg.)

Bürgertum nach 1945

Hamburg: Hamburger Edition 2005; 438 S.; geb., 35,- €; ISBN 3-936096-50-3
Die Herausgeber attestieren dem Begriff des Bürgers eine seit einigen Jahren anhaltende Renaissance in deutlich positiver Besetzung. Bürgerlichkeit werde dadurch auch mit einer Erwartungshaltung konfrontiert, wie sie etwa in der späten Weimarer Republik oder in den späten Siebzigerjahren nicht vorzufinden, und wie sie auch nach 1945 zunächst nicht unbedingt zu erwarten gewesen sei. Als besonders überlebensfähig habe sich der Begriff vor allem wegen seiner Wandelbarkeit erwiesen. Keineswegs wird für die Zeit nach 1945 ein ungebrochenes Anknüpfen an ältere und durch den Nationalsozialismus nur vorübergehend verschüttete Traditionen einer Bürgerlichkeit alter Schule behauptet. Vielmehr habe sich das Bürgertum seither politisch wie soziokulturell entscheidend geöffnet und gerade dank seiner gegen andere Sozialformationen osmotischen Grenzen „zu einem zentralen Fundament der Bundesrepublik werden“ (10) können. Wenn man aber wie dieser Band davon ausgeht, dass im Verlauf der bundesdeutschen Geschichte fortwährend, wenn auch nicht ohne weiteres geradlinig, einzelne Elemente früherer Bürgerlichkeit wiederentdeckt und gesellschaftlich prägend geworden sind, dann erschließt sich mit der Restituierung der bürgerlichen Gesellschaft eine weitere wichtige Erklärung für das politische Gelingen Nachkriegsdeutschlands. Dieses Argument habe von jener historischen Forschung, deren Perspektive sich seit 1989 auf den Erfolg der Zivilgesellschaft einerseits und den Untergang des real existierenden Sozialismus andererseits konzentriere, kaum hinreichend gewürdigt werden können. Aus dem Inhalt: Manfred Hettling: Bürgerlichkeit im Nachkriegsdeutschland (7-37) I. Lebenswege Manfred Hettling / Bernd Ulrich: Formen der Bürgerlichkeit. Ein Gespräch mit Reinhart Koselleck (40-60) Bedrich Loewenstein: Auf der Suche nach bürgerlicher Gesellschaft. Zwischen Schrumpfbürgertum und theoretischer Besinnung (61-84) Günter Wirth: Zu Potsdam und anderswo. Kontinuitäten des Bildungsbürgertums in der DDR (85-110) Heinz Bude: Bürgertumsgenerationen in der Bundesrepublik (111-132) II. Leitideen Josef Mooser: Liberalismus und Gesellschaft nach 1945. Soziale Marktwirtschaft und Neoliberalismus am Beispiel von Wilhelm Röpke (134-163) Ulrich Bielefeld: „Die Ausgangslage, von der aus nur noch nach vorn gedacht werden kann“. Hans Freyer und die Bundesrepublik Deutschland (164-184) Kai Arne Linnemann: Die Sammlung der Mitte und die Wandlung des Bürgers (185-220) III. Osmotische Grenzen Bernd Ulrich: Bremer Spätbürger. Städtische Tradition und bürgerlicher ‚Geist’ nach 1945 (222-254) Michael Wildt: Konsumbürger. Das Politische als Optionsfreiheit und Distinktion (255-283) Burkart Lutz: Integration durch Aufstieg. Überlegungen zur Verbürgerlichung der deutschen Facharbeiter in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg (284-309) Klaus Naumann: Schlachtfeld und Geselligkeit. Die ständische Bürgerlichkeit des Bundeswehroffiziers (310-346) Eckart Conze: Der Edelmann als Bürger? Standesbewußtsein und Wertewandel im Adel der frühen Bundesrepublik (347-371) IV. Gegenbilder Wolfgang Kraushaar: Die „Revolutionierung des bürgerlichen Subjekts“. 1968 als erneuerte bürgerliche Utopie? (374-406) Thomas Großbölting: Entbürgerlichte die DDR? Sozialer Bruch und kultureller Wandel in der ostdeutschen Gesellschaft (407-432)
Thomas Nitzsche (TN)
M. A., Fachreferent für Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek in Jena (ThULB).
Rubrizierung: 2.32.352.3142.313 Empfohlene Zitierweise: Thomas Nitzsche, Rezension zu: Manfred Hettling / Bernd Ulrich (Hrsg.): Bürgertum nach 1945 Hamburg: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/23600-buergertum-nach-1945_27107, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 27107 Rezension drucken
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