„Das Tage-Buch”, das 1920 von dem linksliberalen Publizisten Stefan Großmann gegründet und seit 1928 von dem Wirtschaftsjournalisten Leopold Schwarzschild (1891-1950) herausgegeben wurde, zählte zu den wichtigsten Zeitschriften der Weimarer Republik. Die nun vorgelegte Auswahl sowie die ausführliche Kommentierung der Beiträge Schwarzschilds besorgte der Investmentbanker Wesemann, der Urenkel von Stefan Großmann. Im Mai 1933 wurde die Redaktion des „Tage-Buches” geschlossen, jedoch konnte sie sich kurz darauf als „Neues Tage-Buch” in Paris neu gründen. Die Zeitschrift konzentrierte sich auf die Dokumentation der politischen Situation in Deutschland, was sie nach 1933 zur wichtigen Exilzeitschrift machte. Die Beiträge Schwarzschilds sind jedoch mehr: In seinen wirtschaftspolitischen Artikel kritisiert er offen die grundsätzlichen und tagespolitischen Entscheidungen deutscher Politik. Die ausgewählten Aufsätze Schwarzschilds im „Tage-Buch” setzen sich zunächst mit den Chancen einer dauerhaften Friedensordnung, der Sozialdemokratie, der verfehlten Finanz- und Wirtschaftspolitik, den Präsidialkabinetten und dem Aufstieg der NSDAP auseinander. Die Beiträge aus dem Exil folgen allesamt der Prämisse, dass der nationalsozialistischen Herrschaft „ein unablässiges, moralisches und materielles Hingleiten zu irgendwelchem kriegerischen Zusammenstoß” (264) inne wohnt. Es verwundert kaum, dass Schwarzschild im Exil eine militärische Einzirkelung Deutschlands unter französischer Führung verlangte, während er die Idee der Volksfront weitgehend ablehnte.