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/ 21.06.2013
Kristina Stoeckl

Community after Totalitarianism. The Russian Orthodox Intellectual Tradition and the Philosophical Discourse of Political Modernity

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2008 (Erfurter Studien zur Kulturgeschichte des orthodoxen Christentums 4); 199 S.; pb., 39,- €; ISBN 978-3-631-57936-7
Die Autorin untersucht die Verbindungen des westlich-philosophischen und des russisch-orthodoxen Denkens zur politischen Moderne. Diese auf den ersten Blick überraschende Gegenüberstellung macht Stoeckl jedoch gleich mehrfach plausibel. Sie spricht von einem gemeinsamen interpretativen Raum, den sie konzeptuell, geografisch und historisch definiert. Dabei handelt es sich um den europäischen Kontinent, der sich mit den gemeinsamen Erfahrungen des Totalitarismus und des Kalten Kriegs auseinandersetzen muss, aber ebenfalls im Prozess der Bildung der Europäischen Union steht. Dazu formuliert Stoeckl: „The constellation confronts us, with the tasks to re-imagine community politically after the experience of totalitarianism and to re-conceptualize Europe beyond its Western identity“ (7). Die Autorin wendet sich gegen eine generelle Lesart des orthodoxen Denkens als vormodernes Phänomen. Vielmehr sieht sie gerade für die von ihr untersuchte Denkrichtung der Orthodoxie (v. a. des Neopalamismus) die Erfahrung des Totalitarismus als markant an und deutet sie u. a. mit dem Soziologen Oleg Kharkhordin als modernes Phänomen. Modernisierung als Prozess zu verstehen, lehnt die Autorin somit ab und versteht die Modernisierung mit Michel Foucault eher als gemeinsame Bedingung westlichen und orthodoxen Denkens. Und es gelingt der Autorin in der Tat, erstaunliche Analogien zwischen westlichen und russisch-orthodoxen Denkschulen aufzuzeigen. Sie führt dazu aus, dass im Westen die Erfahrung des Totalitarismus die Philosophie mit einer Entweder-oder-Entscheidung zwischen Liberalismus und Totalitarismus konfrontiert habe. Kommunitaristen und Postmodernisten lehnen diese Wahl ab und versuchen stattdessen, eine nicht-liberale Philosophie der Gemeinschaft zu formulieren, die dem Totalitarismus widersteht: „For Orthodox thinkers in the twentieth century, the situation is similar“ (132). Sie müssten ebenfalls ein Verständnis der orthodoxen Tradition formulieren, das zwischen den Extremen des Fundamentalismus und dem Modell westlicher Modernisierung vermittelt, zweier Erfahrungen die sie als gleichwertig totalitär erfahren würden.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.622.235.46 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Kristina Stoeckl: Community after Totalitarianism. Frankfurt a. M. u. a.: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/31110-community-after-totalitarianism_36988, veröffentlicht am 26.08.2009. Buch-Nr.: 36988 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA