In den Beiträgen geht es nicht um die Emergenz von Realität überhaupt, sondern von sozialer Realität, d. h. um das evolutionäre Auftreten neuer Qualitäten sozialer und politischer Ordnung. Obgleich sich mehrere der Autoren in unterschiedlicher Weise am systemtheoretischen Paradigma orientieren (Wimmer, Umpleby, Teubner, Martinsen), gehen die Texte nicht von einem gemeinsamen theoretischen Konzept aus. Vielmehr entwickeln die Autoren von ihrer jeweiligen Fachperspektive ausgehend unterschiedliche Ansätze, die sich zwanglos unter das Thema der sozialen Realitätsemergenz subsumieren lassen. Aus politikwissenschaftlicher Sicht hervorzuheben sind die Beiträge Wimmers und Martinsens. Wimmers Arbeit, in der bei der Betrachtung politisch-gesellschaftlicher Evolutionsprozesse zwischen politischer Zentralisierung und Staatsentstehung als nicht-identischen Prozessen unterschieden wird, macht die politikwissenschaftliche Fruchtbarkeit einer Verarbeitung ethnologischer und historischer Erkenntnisse in Verbindung mit systemtheoretischen Grundannahmen deutlich. Martinsen interpretiert die Ideen des Kommunitarismus als "Perspektive [...], wie die Politik [...] durch Wiedereinbau moralischer Erwägungen eine Leistungssteigerung bewirken könnte: im Sinne einer Verbesserung ihrer Steuerungskapazität" (190). Die kommunitaristischen Vorstellungen erscheinen hier nicht mehr in antiliberalem oder antimodernem Licht. Inhalt: Renate Martinsen: Einleitung (7-11); Hannes Wimmer: Zur Bedeutung politischer Macht in der Evolution von Gesellschaften (13-55); Anatol Rapoport: Paradoxe der Entscheidungstheorie (57-73); Hartmut Esser: Die Objektivität der Situation. Das Thomas-Theorem und das Konzept der sozialen Produktionsfunktionen (75-100); Karin Knorr-Cetina: Laborstudien. Der kultursoziologische Ansatz in der Wissenschaftsforschung (101-135); Gunther Teubner: Wie empirisch ist die Autopoiese des Rechts? (137-155); Stuart A. Umpleby: Zur Kybernetik von konzeptuellen Systemen (157-174); Renate Martinsen: Der Staat als moralische Anstalt? Überlegungen zum Kommunitarismus (175-195); Wolfgang Fach: Heldenplatz. Über Emergenz und Exzellenz (197-212).