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/ 03.06.2013
Francois Furet

Das Ende der Illusion. Der Kommunismus im 20. Jahrhundert. Aus dem Französischen von Karola Bartsch, Eliane Hagedorn, Christiane Krieger und Barbara Reitz

München/Zürich: Piper 1996; 724 S.; 88,- DM; ISBN 3-492-03507-8
Als 1989 innerhalb kurzer Zeit die kommunistischen Regierungen in Europa den Ideen der liberalen Demokratie weichen mußten, "die die Oktoberrevolution zerstört und ersetzt zu haben glaubte" (624), ist dies das Ende der kommunistischen Illusion, deren Niedergang, so der Autor, bereits mit der Machtübernahme Chruschtschows begonnen hatte. Es ist diese Illusion der Universalität, gegründet auf den marxistischen Gewißheitsanspruch über den Ablauf der Geschichte und das Ziel der Autonomie des Individuums, die Furet zum Gegenstand seiner Untersuchung gemacht hat. Dabei versucht er, den Kommunismus im zwanzigsten Jahrhundert in seiner Gesamtheit, wenn auch auf Europa beschränkt, zu erfassen. Wie konnte der Kommunismus "als politischer Mythos und als soziale Idee [...] sein Scheitern und seine Verbrechen" (13) so lange überdauern? Diese Frage dient dem Autor als Leitfaden, wenn er die Faszination untersucht, die von der Oktoberrevolution und der daraus entstandenen Sowjetunion ausging, der sich viele, vor allem auch westliche Intellektuelle nicht oder nur schwer entziehen konnten. Immer wieder werden zur Erhellung dieses Problems die historischen Tatsachen den aus ihnen hervorgegangenen Mythen gegenübergestellt. Immer wieder wird die andauernde Wirkung der universalistischen Ideen, deren Ursprung Furet in der vergleichenden Bezugnahme der russischen Revolutionäre auf ihre französischen "Vorgänger" von 1789 bzw. 1793 begründet sieht, mit dem konkreten Handeln der bolschewistischen Führer konfrontiert. Der Autor analysiert die Entstehung des Kommunismus aus dem Ersten Weltkrieg und dem Haß auf den bourgeoisen Kapitalismus in seiner Parallelität zur Entstehung des Faschismus. Furet zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser beiden Bewegungen hinsichtlich ihrer Ideologien, geschichtlichen Entwicklungen und führenden Personen auf: Lenin und Stalin, Mussolini und Hitler. Die verschiedenen Gesichter des sowjetischen Kommunismus, so u. a. als Verkörperung des Friedens, der internationalen Revolution, der Heimat der Arbeiter, der von der Bourgeoisie befreiten Gesellschaft, des Antifaschismus und des Stalinismus, werden in den jeweiligen historischen Kontexten ihrer Ausformung und im Spiegel intellektueller Rezeption und Kritik dargestellt. Inhaltsübersicht: 1. Die revolutionäre Leidenschaft; 2. Der Erste Weltkrieg; 3. Die universelle Faszination der Oktoberrevolution; 4. Die Gläubigen und die Desillusionierten; 5. Der Sozialismus in einem Land; 6. Kommunismus und Faschismus; 7. Kommunismus und Antifaschismus; 8. Die Kultur des Antifaschismus; 9. Der Zweite Weltkrieg; 10. Der Stalinismus als höchstes Stadium des Kommunismus; 11. Der Kommunismus in der Zeit des Kalten Krieges; 12. Der Anfang vom Ende.
Wolfgang Wagner (WW)
Diplom-Kaufmann, Dr. rer. pol., Politologe, Gütersloh.
Rubrizierung: 2.22.625.4 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Wagner, Rezension zu: Francois Furet: Das Ende der Illusion. München/Zürich: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/1441-das-ende-der-illusion_1629, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 1629 Rezension drucken
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