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/ 03.06.2013
Gerd R. Ueberschär (Hrsg.)

Das Nationalkomitee "Freies Deutschland" und der Bund Deutscher Offiziere

Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag 1996 (Die Zeit des Nationalsozialismus); 304 S.; 24,90 DM; ISBN 3-596-12633-9
Ob mit dem Ehrentitel des "Widerstandskämpfers" ausgezeichnet werden darf, wer ein totalitäres Regime vom Boden der Gegenideologie aus bekämpfte, ist keine historische, sondern eine moralische Frage. Dennoch sind es deutsche und russische Historiker, die sich dieser Frage im vorliegenden Fall annehmen: Sind die Mitglieder des Nationalkomitees "Freies Deutschland" (NKFD) und des Bundes Deutscher Offiziere (BDO) - beides auf Anregung Stalins hin gegründete Organisationen deutscher Kriegsgefangener und emigrierter Kommunisten in Rußland - mehr gewesen als die Handlanger Moskaus im Kampf gegen Hitler? Sache des Historikers ist es, die Handlungsspielräume auszuloten, die den Betroffenen trotz ihrer prekären Lage noch verblieben - was dieser Band auch unternimmt. Zeugt es aber von der ideologischen Unvoreingenommenheit, die man beim Gegner beredt vermißt, wenn die Kritiker beider Organisationen schlicht als Agenten des Kalten Krieges dargestellt werden und der Leiter der umstrittenen Ausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Peter Steinbach, sich mit folgendem Satz vernehmen läßt: "Nur wer einsieht, daß Hitlers Krieg als Rassen- und Weltanschauungskrieg um die deutsche Vorherrschaft geführt wurde und lediglich als angeblich antibolschewistischer Abwehrkampf legitimiert werden sollte, wird der Gefahr entgehen, die kriegerischen Aggressionen und Verbrechen als den Versuch zu verstehen, gleichsam das Abendland und seine angebliche Zivilisation [sic!] vor 'dem Osten' zu verteidigen." (26)? Inhalt: I. Versatzstück eines historisch-politischen Streites: Peter Steinbach: Zwischen Verrat und Widerstand: Der Streit um NKFD und BDO bei der Präsentation in der Ausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand als geschichtspolitisches Symptom (15-28). II. Gründung, Wirken und Bedeutung des NKFD und BDO während des Krieges: Gerd R. Ueberschär: Das NKFD und der BDO im Kampf gegen Hitler 1943-1945 (31-51); Heike Bungert: "Den deutschen Widerstandswillen brechen". Anglo-amerikanische Pläne zur Gründung eines deutschen Komitees als Antwort auf das NKFD (52-63); Beate Ihme-Tuchel: Der Arbeitskreis für kirchliche Fragen beim NKFD (64-75). III. Zum Handlungsspielraum beider Organisationen: Leonid Babicenko: Zur Neubewertung der Zusammenarbeit des Zentralkomitees der KPdSU und anderer sowjetischer Stellen mit dem NKFD und dem BDO (79-92); Helmut Müller-Enbergs: Das Manifest des NKFD vom 13. Juli 1943. Initiative, Autoren und Intention (93-103); Arkadij A. Krupennikov: Die politische Lageeinschätzung von NKFD und BDO als patriotisches Motiv für den Kampf gegen Hitler (104-111); Nikolaj N. Bernikov: Die propagandistische Tätigkeit des NKFD und des BDO sowie deren Zusammenarbeit mit den Politorganen der Roten Armee während des Krieges 1943-1945 (112-120); Vladimir A. Vsevolodov: Die propagandistische Tätigkeit des NKFD und BDO aus Moskauer Sicht (121-132); Jörg Morré: Das Institut 99. Zur Einbindung des NKFD in die administrativen Strukturen der UdSSR (133-137). IV. Die Bewertung von NKFD und BDO nach 1945: Peter Steinbach / Gerd R. Ueberschär: Die Geschichtsschreibung zum NKFD und BDO in der Bundesrepublik Deutschland und in den westlichen Ländern (141-160); Paul Heider: Das NKFD und der BDO in der Historiographie der DDR und die "Arbeitsgemeinschaft ehemaliger Offiziere" (161-181); Alexander I. Boroznjak: Die sowjetische und russische Historiographie über das NKFD und den BDO 1943-1993 (182-187); Sabine Rosemarie Arnold: Das Museum der Deutschen Antifaschisten in Krasnogorsk. Vom Treuezeugnis zum Geschichtszeugnis (188-197). V. Zeugenaussagen und Dokumentationen zur Arbeit von NKFD und BDO: Rosemarie Papadopoulos-Killius: "Es gibt zwei Deutschlands..." Im Gespräch mit Zeugen und Zeitgenossen des NKFD: Willi Belz - Bernt von Kügelgen - Bernhard Bechler (201-218); Heinz Starkulla jr.: Zur Überlieferung der Flugblätter des NKFD (219-224); Leonid Resin: General v. Seydlitz, der BDO und die Frage einer deutschen Befreiungsarmee unter Stalin. Eine Dokumentation neuer Quellenfunde in Moskauer Archiven (225-238); Leonid Resin: Die Bemühungen um den Eintritt von Generalfeldmarschall Paulus in das NKFD und den BDO im Spiegel Moskauer Akten (239-250); Leonid Resin: Der Moskauer Prozeß gegen General von Seydlitz im Spiegel russischer Dokumente (251-263); Gerd R. Ueberschär: Ausgewählte Dokumente zum NKFD und BDO (264-297).
Barbara Zehnpfennnig (BZ)
Prof. Dr., Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, Universität Passau.
Rubrizierung: 2.3122.3132.62 Empfohlene Zitierweise: Barbara Zehnpfennnig, Rezension zu: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Das Nationalkomitee "Freies Deutschland" und der Bund Deutscher Offiziere Frankfurt a. M.: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2392-das-nationalkomitee-freies-deutschland-und-der-bund-deutscher-offiziere_3078, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 3078 Rezension drucken
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