Erstmalig wird das Urteil gegen Justizjuristen (u. a. die Staatssekretäre im Reichsjustizministerium Franz Schlegelberger, Curt Rothenberger und Herbert Klemm) in deutscher Sprache vollständig veröffentlicht. Bisher war dies nur in Teilen geschehen. In seinem einleitenden Aufsatz zum Prozeß und der Rezeption des Urteils in der Bundesrepublik Deutschland stellt Bästlein heraus, daß man zum einen nicht von einer "Siegerjustiz" der Alliierten sprechen kann, und daß zum anderen das Urteil in der frühen Bundesrepublik zum Teil unterlaufen wurde. So wurde z. B. der Hauptangeklagte Schlegelberger, der sich bei der Durchsetzung der "Euthanasie"-Gesetzgebung hervorgetan hatte, später von deutschen Gerichten rehabilitiert und in die Entnazifizierungskategorie V (für Unbelastete und Widerstandskämpfer) eingestuft. Einer der Hauptkritikpunkte am Urteil war der Vorwurf, daß es unvereinbar mit dem Rückwirkungsverbot im deutschen Recht sei. Erst seit 1985, wahrscheinlich im Zusammenhang mit einem Generationswechsel im Justizwesen, erlangt das Juristenurteil von Nürnberg wieder größere Bedeutung, vor allem im Zuge der deutschen Wiedervereinigung, da die deutsche Justiz nunmehr auch über Straftatbestände urteilen muß, die außerhalb des Geltungsbereiches des Grundgesetzes begangen worden sind. Inhalt: Klaus Bästlein: Der Nürnberger Juristenprozeß und seine Rezeption in Deutschland (9-35); Das Nürnberger Juristenurteil (37-275); Lore Maria Peschel-Gutzeit / Anke Jenckel: Aktuelle Bezüge des Nürnberger Juristenurteils: Auf welchen Grundlagen kann die deutsche Justiz das Systemunrecht der DDR aufarbeiten? (277-299).