Ausgehend von der Überlegung, "daß 'Selbstbestimmung' ein Schlüsselbegriff sowohl für die Etablierung von 'Ordnung' als auch für den historischen Prozeß der Ethnisierung darstellt" (9), untersucht Schneckener, wie sich das Recht auf Selbstbestimmung zu einer Völkerrechtsnorm entwickeln konnte. Er betrachtet die internationalen Ordnungen nach 1815, 1918 und 1945, um abschließend zu untersuchen, wie ein angemessener Umgang mit dem Selbstbestimmungsrecht nach dem Ende des Ost-West-Konflikts zu gestalten ist. Betrachtet werden sowohl eine innere als auch eine äußere Dimension des Selbstbestimmungsbegriffs. Abweichend von der herrschenden Völkerrechtslehre wird das innere Selbstbestimmungsrecht als "Prozeß der Identitätsbildung" verstanden; äußere Selbstbestimmung meint dagegen die "Identitätswahrung, d. h. die Abwehr von Fremdbestimmung" (8). In einem umfassenden Fazit betrachtet Schneckener zunächst den Zusammenhang zwischen Selbstbestimmung und Sezession, um anschließend Michael Walzers Begriff von einer "Politik der Differenz" (134) aufzugreifen. Die knappe Darstellung von deren Dimensionen (Artikulation, Verhandlung und Inkorporierung) mündet in die Einschätzung, daß es von zentraler Bedeutung ist, durch Verhandlungen und gegenseitige Anerkennungen Lernprozesse zu ermöglichen, mit dem Ziel, die politische Bedeutung von Differenzen zu relativieren. "Es geht darum, Wahrnehmungen in den Köpfen zu verändern, d. h. die eigene Identität nicht als abhängig von einem bestimmten Kollektiv und einer partikularen Kultur, sondern als komplex, vielgestaltig und wandelbar zu begreifen." (136)