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/ 17.06.2013
Jacques Rancière

Das Unvernehmen. Politik und Philosophie. Aus dem Französischen von Richard Steurer

Frankfurt a. M.: Suhrkamp Taschenbuch Verlag 2002 (suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1588); 149 S.; 10,- €; ISBN 3-518-29188-2
Rancière, emeritierter Lehrstuhlinhaber für Philosophie an der Universität Paris VIII, geht es in dieser 1995 im französischen Original erschienenen Studie um eine Restitution des "Politischen" sowohl demgegenüber, was akademische "Politische Philosophie" mit der Suche nach der gerechten Ordnung als ihren Gegenstand ansieht, als auch in Abgrenzung von dem, was heute gemeinhin mit der Herstellung kollektiv verbindlicher Entscheidungen als spezifische Leistung von Politik gilt. Der Gegenbegriff, den Rancière in einer eigenwilligen Kontrastierung platonischer und aristotelischer Ideen gewinnt, betont das prinzipiell Aporetische politischer Aktivität. "Politik" nämlich in dieser ursprünglichen Bedeutung existiert nur, "wenn die natürliche Ordnung der Herrschaft unterbrochen ist durch die Einrichtung eines Anteils der Anteillosen" (24). Im Anschluss an Foucault entwirft Rancière den Gegensatz von "Polizei" (als Regulativ von Körpern, Plätzen und Funktionen) und "Politik", die ihren einzigen Grundsatz, die Gleichheit, "in Form eines Streits [...] ins Herz der polizeilichen Ordnung" einschreibt (43). Vor dem Hintergrund dieser Unterscheidung erscheint dann die moderne Form der so genannten "konsensuellen" Demokratie als Negation des "Politischen", weil sie mit dem "Streit" auch den "Demos" liquidiert hat und nur noch die Übereinstimmung von staatlichen Institutionen und gesellschaftlichen Verhältnissen artikuliert. Gerade weil Rancière seinen Politikbegriff aus der Verknüpfung von Gleichheit und Exklusion gewinnt, ist die Lektüre seines Manifestes einer kritischen politischen Philosophie lohnend - vorausgesetzt, der Leser bringt ausreichend Geduld für den zuweilen das Privatsprachliche streifenden Duktus der Darstellung auf. Inhalt: Der Anfang der Politik; Das Unrecht: Politik und Polizei; Die Vernunft des Unvernehmens; Von der Archi-Politik zur Meta-Politik; Demokratie oder Konsens; Die Politik in ihrem nihilistischen Zeitalter.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.425.41 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Jacques Rancière: Das Unvernehmen. Frankfurt a. M.: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/16777-das-unvernehmen_19277, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 19277 Rezension drucken
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