Gamms Darstellung des Deutschen Idealismus beabsichtigt zweierlei. Sie will in das Denken Fichtes, Hegels und Schellings in einer Weise einführen, in der sich "Text und Kontext [...] wechselseitig erhellen". Zugleich soll die Darstellung "Rekonstruktion" (9), nicht nur Dekonstruktion sein: Zu fragen ist, ob die scheinbar historisch abgeschlossene Epoche des Deutschen Idealismus nicht auch für die Gegenwartsphilosophie fruchtbare Anstöße liefert. Die besondere Bedeutung des Deutschen Idealismus sieht Gamm darin, daß in ihm "die Frage nach der Universalität des logos [...] in einer Radikalität und Tiefe durchdacht wurde, wie das seit der Blütezeit der griechischen Philosophie nicht mehr der Fall gewesen ist" (11). Hinzu kommt, daß hier "Fundamentalphilosophie und Zeitdiagnose" (13) zur Einheit gefunden haben. Weil der Schlüsselbegriff der damaligen Zeit "Freiheit" war, mußten die Idealisten sich einer neuen Denk- und Sprechweise bedienen, "um der paradoxen Natur der Freiheit, ihrer Dynamik und Universalität in Metaphysik und Moral, Recht und Politik, Gesellschaft und Ökonomie eine wahrhaft repräsentative Stimme zu verleihen" (18). Das Wissen mußte reflexiv werden. Damit stehen aber "alle philosophisch gehaltvollen Urteile ohne Rückendeckung durch das Sein da" (20). Gamm sieht so in der Philosophie des Deutschen Idealismus weniger eine Philosophie, die das Absolute als Lösung betrachtet, als vielmehr ein Denken, dem das Absolute zum Problem geworden ist.