Der Krieg Italiens gegen Äthiopien ist ein „vergessenes Schlüsselereignis der Weltkriegsepoche“ (9) und hat, wie Mattioli kritisiert, in dem vorherrschenden, dabei aber verengten europäisch-atlantischen Geschichtsbild kaum Beachtung gefunden. Dabei muss die im Jahr 1935 beginnende italienische Invasion und spätere Besetzung Äthiopiens zu einer Neubeurteilung des faschistischen Italiens und seiner äußerst brutalen Kriegsführung (Beschuss von äthiopischen Lazaretten und Verwendung von Giftgas) führen. Anlässlich des 70. Jahrestages der militärischen Aggression Italiens fand im Oktober 2005 an der Universität Luzern eine Tagung namhafter Historiker zum Abessinienkrieg statt, deren Beiträge in Form dieses Sammelbandes veröffentlicht wurden. In den Aufsätzen werden sowohl neue Forschungsergebnisse zum Verlauf (u. a. mit Beiträgen von Giulia Brogini Künzi und Angelo Del Boca), den zivilen, politischen und militärischen Akteuren (u. a. mit einem Beitrag von Rainer Baudendistel über das Rote Kreuz ), dem Verhalten der Weltgemeinschaft (u. a. von Aram Mattioli) als auch zum Umgang mit den Verbrechen im Nachkriegsitalien und zur aktuellen Erinnerungspolitik (u. a mit Beiträgen von Bahru Zewde und Wolfgang Schieder) vorgestellt und diskutiert. Der Band stellt eine erhebliche Bereicherung der Forschung über Faschismus und Totalitarismus dar und erweitert die Perspektive des Zweiten Weltkrieges nicht nur um eine kolonialgeschichtliche Komponente, sondern vor allem um eine Sichtweise, die mit diesen militärischen Übergriffen spätere Vernichtungspraktiken in den von den Nationalsozialisten besetzten Ländern Osteuropas vorwegnahmen.