/ 22.06.2013
Helmut Altrichter / Hermann Wentker (Hrsg.)
Der KSZE-Prozess. Vom Kalten Krieg zu einem neuen Europa 1975 bis 1990
München: Oldenbourg Verlag 2011 (Zeitgeschichte im Gespräch 11); 126 S.; brosch., 16,80 €; ISBN 978-3-486-59807-0Der KSZE-Prozess ist eine der großen Erfolgsgeschichten auf dem Weg der Annäherung zwischen Ost und West. Die Autoren dieses Sammelbandes nutzen die „inzwischen wesentlich verbreiterte Quellenlage“ (10) durch den Ablauf der Sperrfristen für Regierungsakten, um neue Aspekte zu beleuchten oder Bekanntes zu vertiefen. Matthias Peter betrachtet die Konferenzdiplomatie der Regierung Schmidt/Genscher als „Mittel der Entspannung“ (15). Vor allem arbeitet er die Virtuosität der bundesdeutschen Außenpolitik heraus. Dieser ging es darum, das östliche Konferenzziel, den machtpolitischen Status quo in Deutschland und Europa festzuschreiben, zu unterlaufen. Zudem musste die Schlussakte so formuliert werden, dass sie sich nicht allein, wie östlicherseits gewünscht, auf militärische Frage bezog, sondern humanitäre Fragen einschloss und die deutsche Frage offen ließ. Im Ergebnis, so Peter, gelang es der Bundesrepublik, ihre „Deutschland- und Ostpolitik zu multilateralisieren“ (17). Entscheidende Erfolge erzielte sie außerdem durch die extensive Auslegung der Schlussakte. So kündigte die Bundesregierung im Rahmen vertrauensbildender Maßnahmen alle NATO-Manöver auf ihrem Territorium an und lud die KSZE-Teilnehmer ein, Beobachter zu entsenden. Zudem, so der Autor, nutzte man die Nachfolgekonferenzen als „entspannungspolitisches Mittel“ (27) und brachte so einen „europäischen Ordnungsrahmen hervor“ (28), innerhalb dessen auf der KSZE-Konferenz 1990 in Paris schließlich auch die Vereinigung der beiden deutschen Staaten international vollzogen werden konnte. Philip Rosin untersucht die Menschenrechtspolitik der Schweiz im KSZE-Folgeprozess. Entscheidend für die eidgenössische Menschenrechtspolitik sei der durch Edouard Brunner geprägte Begriff der Accountability, also der Verantwortlichkeit der kommunistischen Regime für ihr Handeln, gewesen, so der Autor. Rosin zeichnet nach, wie die Schweiz im Laufe der Zeit immer mehr ihre neutrale Position verließ und in der KSZE ein „besonderes moralisches Gewicht“ (61) erlangte. Der Band geht auf Panel des Geschichtsforums 1989/2009 vom Mai 2009 in Berlin zurück.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.3 | 4.1
Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Helmut Altrichter / Hermann Wentker (Hrsg.): Der KSZE-Prozess. München: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/34927-der-ksze-prozess_41997, veröffentlicht am 31.05.2012.
Buch-Nr.: 41997
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Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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