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/ 03.06.2013
Michael Baurmann

Der Markt der Tugend. Recht und Moral in der liberalen Gesellschaft. Eine soziologische Untersuchung

Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1996 (Die Einheit der Gesellschaftswissenschaften 91); XIX, 681 S.; Ln., 198,- DM; ISBN 3-16-146556-3
Ziel der Studie ist die Rettung der "Vision des Liberalismus", nämlich eine gesellschaftliche Ordnung zu ermöglichen, "in der aufgeklärte Individuen in pragmatischer Akzeptierung der diesseitigen Welt, frei von weltanschaulicher Indoktrination, religiöser Bevormundung und politischer Unterdrückung ihre persönlichen Ziele und Interessen verfolgen können" (4). Dabei bestreitet der Autor keineswegs, daß die moderne liberale Gesellschaft der Tugend bedarf. Im Gegenteil. An seinem Untersuchungsgegenstand, dem Rechtsstaat, zeigt er, daß ein "ausreichendes Maß an freiwilliger Normkonformität und damit faktischer Moral" (2) vorhanden sein muß, damit dieser erhalten werden kann. Als Ausgangspunkt seiner Überlegungen wählt Baurmann die immanente Kritik am Liberalismus, die vor der "Flucht vor dem Markt" (25), der "Erosion der Demokratie" (25) und dem Problem der "Trittbrettfahrer und Gauner" (27) warnt. Diese Gefahren seien unleugbar, wenn die Menschen nur nach dem System des Homo oeconomicus handelten, d. h. nutzenorientierte Einzelfallentscheidungen treffen. Neben diesem zweifelsohne liberalen Modell menschlichen Verhaltens sieht der Autor noch ein zweites, das sich ebenfalls an der liberalen Prämisse der Interessengebundenheit orientiert. Es ist dies der Homo sapiens, der aus dem Erwerb und der dauerhaften Praxis der Tugend individuellen Nutzen zieht. Er werde die Vereinigungsfreiheit, eine weitere Errungenschaft des Liberalismus, zum Aufbau von kleinen, von der Mobilität ihrer Mitglieder gekennzeichneten Gemeinschaften nutzen, in denen sich, anders als in starren lokalen Interessengemeinschaften, eine universalistische Moral entwickeln werde. Inhaltsübersicht: Einleitung: Eine Vision des Liberalismus. I. Recht und Rechtsstaat in soziologischer Sicht: 1. Normen in der Sozialwissenschaft; 2. Struktur und Inhalt einer rechtsstaatlichen Normenordnung. II. Der Rechtsstaat in einer ökonomischen Welt: 3. Reziprozität und Normen; 4. Die Entstehung einer kollektiven Sanktionsmacht; 5. Der Rechtsstaat und die Macht des Volkes. III. Der Markt der Tugend: 6. Nutzenmaximierung und Normbindung; 7. Normbindung und Normentstehung; 8. Täuschung und Vertrauen; 9. Moralischer Standpunkt und moralische Identität; 10. Der Markt der Tugend und der Rechtsstaat. Schluß: Die Vision des Liberalismus und der Mythos der Gemeinschaft.
Wolfgang Wagner (WW)
Diplom-Kaufmann, Dr. rer. pol., Politologe, Gütersloh.
Rubrizierung: 5.4 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Wagner, Rezension zu: Michael Baurmann: Der Markt der Tugend. Tübingen: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/1779-der-markt-der-tugend_2045, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 2045 Rezension drucken
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