/ 04.06.2013
Kai Schmidt-Soltau
Der Marxismus des 20. Jahrhunderts. Bilanz und Perspektive. Prolegomenon einer praktischen Philosophie
Münster: Lit 1997 (Soziologie 26); 286 S.; 49,90 DM; ISBN 3-8258-3298-8Diss. Münster. – Ziel ist durch eine Aufarbeitung und Dekonstruktion von sowohl marxistischer Praxis als auch marxistischer Theorie des 20. Jahrhunderts Anhaltspunkte und Perspektiven für eine zeitgenössische Praktische Philosophie zu liefern. Nach einer Darstellung der Methodologie der Arbeit wird im 2. Kap. der "monokausale Block des Main-Stream-Marxismus untersucht" (101). Schmidt-Soltaus These lautet, daß gerade die "Konstruktion des Proletariats zum revolutionären Subjekt" (31) dazu führte, daß die dialektisch angelegte Philosophie von Marx zur undialektischen Heilslehre erstarrte. Anhand von verschiedenen unorthodoxen "ketzerischen" Theorien, die sich am Marxismus orientierten, sollen mögliche Alternativen zum Main-Stream aufgezeigt werden. Die Auswahl der hierzu herangezogenen Denker erscheint etwas beliebig, da nicht gezeigt wird, worin überhaupt das gemeinsame marxistische Element in ihrem Denken besteht. Wenn man eine gewisse Repräsentativität der analysierten Theoretiker – wie es der Titel nahelegt – erwartet, wird man das Thema der marxistischen Rezeption durch Nachbarwissenschaften ebenso vermissen wie den Einfluß, den die marxistische Philosophie auf andere, nicht explizit marxistische Denker hatte. Ein roter Faden, an dem sich der Leser orientieren könnte, fehlt, und die Probleme, die die marxistische Theorie im 20. Jahrhundert hat, bleiben fragmentarisch. Der Ausblick auf mögliche Ansatzpunkte einer Neuinterpretation bleibt durch seinen sehr geringen Umfang und durch das Fehlen einer resümierenden Synthese der analysierten Denker unbefriedigend.
Inhaltsübersicht: 1. Einleitung: Der Marxismus ist tot, es lebe Karl Marx; 2. Die Konstruktion eines "Seins" durch den Marxismus: 2.1 Das Subjekt: Der Mann mit der schwieligen Hand; 2.2 Das Bewußtsein: Der Marxismus wird siegen weil er wahr ist; 2.3 Die Praxis: Reflexionen und Marginalien. 3. Krise, Niedergang oder Neubeginn?: 3.1 Über die Schlechtigkeit des Totalitarismus und das Märchen der demokratischen Alternative; 3.2 Die ewige Wiederkehr des Gleichen – Nietzsche und das Ende der Aufklärung; 3.3 Ketzer des Marxismus (Antonio Gramsci, Georg Lukács, Leo Kofler, Ernst Bloch, Karl Korsch, Bertolt Brecht, Max Horkheimer, Alfred Sohn-Rethel, Jean-Paul Sartre, Louis Althusser); 3.4 Kriterien und Ansatzpunkte einer Neuinterpretation des marxschen Werkes auf den Trümmern des Marxismus und zu Beginn des 21. Jahrhunderts.
Carsten Ungewitter (CU)
Rubrizierung: 5.43 | 5.33
Empfohlene Zitierweise: Carsten Ungewitter, Rezension zu: Kai Schmidt-Soltau: Der Marxismus des 20. Jahrhunderts. Münster: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/4502-der-marxismus-des-20-jahrhunderts_6316, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 6316
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