/ 03.06.2013
Christoph U. Schminck-Gustavus
Der 'Prozeß' gegen Dietrich Bonhoeffer und die Freilassung seiner Mörder
Bonn: Verlag J. H. W. Dietz Nachfolger 1996; 128 S.; 2., durchges. Aufl.; 19,80 DM; ISBN 3-8012-3067-8In seiner eindrucksvollen Schrift beleuchtet Schminck-Gustavus, Hochschullehrer für Rechts- und Sozialgeschichte an der Universität Bremen, ein Stück deutscher Rechtsprechung und ihre Hintergründe. Der Autor zeigt, wie im März/April 1945 das NS-Regime in der Person des SS-Standartenführers Huppenkother als Ankläger bei den "Standgerichten" bemüht war, Bonhoeffer, Canaris, Oster, Dohnanyi und andere Widerstandskämpfer "rechtskräftig" zu ermorden und den Eindruck eines ordnungsgemäß durchgeführten Standgerichtes auch noch 1955 vor dem Augsburger Schwurgericht zu vermitteln. Vor diesem Gericht mußten sich Huppenkother und der ehemalige SS-Richter Thorbeck wegen Mordes an Bonhoeffer und anderen verantworten. Beide ehemaligen hochrangigen SS-Offiziere wurden schließlich nur der Beihilfe zum Mord für schuldig befunden und bald wieder auf freien Fuß gesetzt. Das Schwurgericht sah es als erwiesen an, daß die Angeklagten keine Bestätigung ihrer Standgerichtsurteile eingeholt und somit rechtswidrig gehandelt hätten. Die menschenverachtende Hinrichtungsmethode (Erwürgen) floß ebensowenig in das Urteil ein wie die menschenverachtenden Umstände der Hinrichtung. Die Reaktionen auf Schminck-Gustavus' Buch (1. Aufl. 1995) zeigen, daß "es auch heute noch - ein halbes Jahrhundert nach den Ereignissen - nicht selbstverständlich ist, einen Mord als Mord zu bezeichnen" (8).
Axel Gablik (AG)
Dr., Historiker.
Rubrizierung: 2.312
Empfohlene Zitierweise: Axel Gablik, Rezension zu: Christoph U. Schminck-Gustavus: Der 'Prozeß' gegen Dietrich Bonhoeffer und die Freilassung seiner Mörder Bonn: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/1251-der-prozess-gegen-dietrich-bonhoeffer-und-die-freilassung-seiner-moerder_1372, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 1372
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Dr., Historiker.
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