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/ 03.06.2013
Wolf Jobst Siedler

Der Verlust des alten Europa. Ansichten zur Geschichte und Gegenwart

Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1996; 287 S.; geb., 39,80 DM; ISBN 3-421-05047-3
Der Autor hat in vorliegendem Band Essays zu unserem "Jahrhundert der Umbrüche" (7) versammelt, die er in den Jahren 1986 bis 1996, zum Teil in gekürzter Form, in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", der "Zeit", der "Neuen Zürcher Zeitung", der "Welt", der "Süddeutschen Zeitung", im "Tagesspiegel", im "Spiegel" und im "Focus" publiziert hat. Das die Beiträge verbindende Grundthema ist, daß mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten die bisherige Geschichte in Deutschland unerwartet wieder Bedeutung erlangt hat, nachdem sie, wie Siedler in Anlehnung an einen Titel Alfred Webers verdeutlicht, 1945 bereits verabschiedet worden war. Dabei betont er, daß sich der Enthusiasmus von Politik, Wirtschaft und Kultur über die baldige Wiederherstellung des alten Europa als Illusion erwiesen habe, denn sie widersprach allen Erfahrungen der Geschichte. Die Veränderungen bzw. die Verluste, die dieses Jahrhundert gebracht hat, werden dabei nicht nur an politischen Ereignissen und Prozessen, sondern auch an Betrachtungen kultureller Entwicklungen, bei denen Berlin, Potsdam und Brandenburg im Zentrum stehen, sowie anhand der Portraits von Thomas Mann und Ernst Jünger verdeutlicht. Daß die Thesen Siedlers, die er stets mit reichhaltigen historischen Ausführungen untermauert, durchaus kritisch zu hinterfragen sind, macht nicht nur der Abschnitt über den "großen Unzeitgemäßen" (218) Jünger deutlich, den er als Handelnden sieht, der "moralisch unbeschädigt aus den Katarakten der Geschichte hervorgegangen" (219) ist. Inhaltsübersicht: Der Zug nach Westen: Moskau hat das Gesicht Deutschlands gewaltsam nach Westen gedreht (21-28); Die Westverschiebung Europas (29-38); Was wirklich auf der Tagesordnung steht (39-46). Träume und Alpträume: Zwei kranke Männer und ein Massenmörder; Gläserklirren, Trinksprüche und kaukasische Scherze (49-57); Die kurzlebigen Großreiche (58-70); Der lange Abschied der Deutschen von Hitler (71-80); Reich ohne Idee (81-86). Lauter Abschiede: Die vergessene Tradition (89-100); Am Ende der Utopie (101-108); Die Schuld der Schuldlosen (109-117); Unberühmte Architekturen (118-128). Archäologie des Gestern: Die Sehnsuchtsarchitektur der Hohenzollern (131-161); Bürgerliche Straßen in unbürgerlicher Welt (162-182); Berlin im Biedermeier (183-190); Triumph der Vergänglichkeit (191-200). Zwei Jahrhundertgestalten: Liebe als Erkenntnismittel (203-217); Der große Unzeitgemäße (218-225). Der Fluß der Geschichte: Des Stromes und der Geschichte Wellen (229-249); Die Bilder, die man lang vergessen geglaubt (250-266); Das Land zwischen Elbe und Oder ist alles, was von Preußen geblieben ist (267-274); Brandenburg tanzte nur einen Sommer (275-286).
Wolfgang Wagner (WW)
Diplom-Kaufmann, Dr. rer. pol., Politologe, Gütersloh.
Rubrizierung: 2.312.612.623.1 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Wagner, Rezension zu: Wolf Jobst Siedler: Der Verlust des alten Europa. Stuttgart: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2134-der-verlust-des-alten-europa_2594, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 2594 Rezension drucken
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