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/ 28.01.2016
Alexander Gallus / Axel Schildt / Detlef Siegfried (Hrsg.)

Deutsche Zeitgeschichte – transnational

Göttingen: Wallstein Verlag 2015 (Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte 53); 339 S.; geb., 42,- €; ISBN 978-3-8353-1708-6
Die Herausgeber verstehen die Beiträge des Bandes als eine Bestandsaufnahme zum Stellenwert transnationaler Ansätze in der deutschen Zeitgeschichtsschreibung. Der entsprechende politikwissenschaftliche Begriff bezieht sich auf Beziehungen von Akteuren unterhalb der staatlichen Ebene. In der Geschichtswissenschaft meint er Ansätze einer Historiografie, „die sich hauptsächlich für Grenzüberschreitungen interessiert“ (11), mithin „weltweite Interdependenzen“ (13) jedweder Art untersucht. Derart weit gefasst, droht er häufig an analytischer Schärfe zu verlieren. Auch die Herausgeber plädieren für eine undogmatische Anwendung, wenn sie die „empirisch[e] Nützlichkeit transnationaler Erweiterungen der deutschen Zeitgeschichtsschreibung in Zeiten der Globalisierung“ (9) herausstellen. Jenseits programmatischer Debatten geht es so um den Wunsch einer Selbstverständlichkeit bei der Berücksichtigung entsprechender Perspektiven. Die 16 Fallstudien des Bandes – er geht auf eine Tagung im Mai 2013 in Kopenhagen zurück – liefern dafür einige Beispiele, sodass hier ein empirischer gegenüber einem theoretisch‑konzeptionellen Ansatz dominiert. Er bezieht sich auf politik‑ und gesellschafts‑, kultur‑ und erinnerungsgeschichtliche Felder. Die Autor_innen fragen häufig nach den Verknüpfungen nationaler und transnationaler Bezugspunkte. Die Hamburger Historikerin Claudia Kemper zeigt etwa in ihren Überlegungen zur Nichtregierungsorganisation International Physicians for the Prevention of Nuclear War in den 1980er‑Jahren auf, „wie je nach Interessenlage, regionaler oder nationaler Herkunft der Akteure oder Zielsetzung die grenzüberschreitende Verflechtung unterschiedliche Reichweite, Intensität und […] Bedeutung haben konnte“ (47). Sichtbar wird dies unter anderem am Gegenüber des US‑amerikanisch dominierten Central Office der Organisation und den verschiedenen westeuropäischen Sektionen, die jeweils mit unterschiedlichen Handlungsspielräumen konfrontiert waren. Der Frankfurter Historiker Christoph Cornelißen befasst sich mit der Rezeption des deutschen Widerstands gegen Hitler in Deutschland und Westeuropa. Die Erinnerungsmuster seien nicht mehr rein national geprägt. Gerade im Ausland würden sie aber vielfach an die deutschen Debatten der 1950er‑Jahre und ihre moralische Aufladung erinnern, sodass es hier auf eine Vermittlung auch neuerer Erkenntnisse ankomme.
{MUN}
Rubrizierung: 2.3132.3144.214.442.3332.352.343 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Alexander Gallus / Axel Schildt / Detlef Siegfried (Hrsg.): Deutsche Zeitgeschichte – transnational Göttingen: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39326-deutsche-zeitgeschichte--transnational_48010, veröffentlicht am 28.01.2016. Buch-Nr.: 48010 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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