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/ 05.06.2013
Hans Reichmann

Deutscher Bürger und verfolgter Jude. Novemberpogrom und KZ Sachsenhausen 1937 bis 1939. Bearbeitet von Michael Wildt

München: R. Oldenbourg Verlag 1998 (Biographische Quellen zur Zeitgeschichte 21); 293 S.; 78,- DM; ISBN 3-486-56339-4
Den Hauptteil dieses Bandes bilden die persönlichen Erinnerungen Reichmanns an die verschärfte Verfolgung und Repression, denen die Juden in Deutschland von 1937 bis zur erzwungenen "Auswanderungswelle" im Laufe des Jahres 1939 ausgesetzt waren. 1900 in Posen geboren, hatte Reichmann in den 30er Jahren verschiedene Ämter im "Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens" inne, zuletzt als geschäftsführender Syndikus bis zur Auflösung des Centralvereins im Anschluß an die Novemberpogrome von 1938. In Zeitungsbeiträgen und Reden hatte er seit 1930 vor der den deutschen Juden durch die politische Zielsetzung und Ideologie der NS-Bewegung drohenden Gefahr gewarnt. Seine Arbeit im Centralverein in Berlin ließ ihn nach 1933 durch seine Kenntnisnahme von vielen Einzelschicksalen das Ausmaß und die gezielte Verschärfung der Verfolgung der Juden erkennen, insbesondere im Vorfeld der Pogrome am 9. November 1938, in deren Folge er selbst für sieben Wochen im KZ Sachsenhausen inhaftiert wurde. Unmittelbar nach seiner "Ausreise" aus Deutschland schrieb er in London seine Erinnerungen an die beiden zurückliegenden Jahre in Form eines "Briefes" an ein befreundetes Ehepaar ebenfalls ausgewanderter deutschstämmiger Juden in den USA auf. Dieser umfassende Erlebnis- und Erfahrungsbericht, der nach Einschätzung des Herausgebers "vor allem durch die Präzision der Erinnerung, die Fülle der geschilderten Erlebnisse, die Vielzahl der Personen und nicht zuletzt durch (seine) literarische Qualität" (40) aus der ohnehin geringen Zahl von Selbstzeugnissen jüdischer Verfolgter für diesen Zeitraum herausragt, entstammt dem Archivbestand des Münchner Institutes für Zeitgeschichte, dem Eva Reichmann, Witwe des Verfassers, nun erstmals die Erlaubnis zur Veröffentlichung erteilt hat.
Michael Hein (HN)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Arbeitsstelle für graphische Literatur, Universität Hamburg, freier Lektor, Übersetzer, Publizist.
Rubrizierung: 2.312 Empfohlene Zitierweise: Michael Hein, Rezension zu: Hans Reichmann: Deutscher Bürger und verfolgter Jude. München: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/7073-deutscher-buerger-und-verfolgter-jude_9461, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 9461 Rezension drucken
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