/ 22.06.2013
Christine Axer
Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Deutschland und Österreich im Vergleich und im Spiegel der französischen Öffentlichkeit
Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag 2011; 519 S.; 69,90 €; ISBN 978-3-412-20639-0Geschichtswiss. Diss. Heidelberg; Gutachter: V. Sellin, E. Wolfrum. – In dieser Arbeit wird die Berichterstattung in drei Tageszeitungen ausgewertet, die Autorin will so herausfinden, wie die französische Öffentlichkeit die Vergangenheitsbewältigung in der DDR, der Bundesrepublik und in Österreich wahrgenommen hat. Als derart repräsentativ wurden zum einen Le Monde und Le Figaro ausgewählt, außerdem zum anderen als Kontrast die kommunistische L’ Humanité. Theoretisch ist diese Vorgehensweise nicht eingefasst, eher schlicht argumentiert wird vor allem damit, „dass Zeitungen nicht über alles berichten, sondern nur über das, was sie für wichtig erachten“ (18). In den ersten kurzen Kapiteln erläutert die Autorin in Übersichten, wie im Laufe der Jahrzehnte seit Kriegsende in der Bundesrepublik, der DDR und in Österreich mit der Erinnerung an den Nationalsozialismus und den Folgen umgegangen wurde. Die Autorin bescheinigt dabei nur der Bundesrepublik nennenswerte Fortschritte, Österreich habe sich noch bis in die 80er-Jahre hinein nur als Opfer betrachtet, in der DDR sei unter den Bedingungen der Diktatur überhaupt kein offener Diskurs möglich gewesen. Im Hauptteil wertet Axer aus, wie in den genannten Tageszeitungen dieser jeweilige Umgang mit der Vergangenheit abgebildet wurde. Sie stellt zunächst einmal fest, dass es in Frankreich selbst lange überhaupt kein Konzept einer Vergangenheitsbewältigung gegeben habe und diese daher auch gar nicht wahrgenommen worden sei. Österreich sei zudem lange als erstes Opfer betrachtet worden. Und insbesondere L’Humanité habe aus ideologischen Gründen in der DDR den Faschismus als überwunden angesehen. Erst als das Vichy-Regime und die Kollaboration und damit die eigene historische Verantwortung zunehmend thematisiert worden seien, habe in den 80er-Jahren Le Monde begonnen, die westdeutschen Bemühungen der Aufarbeitung zu würdigen. Erst seit den 90er-Jahren, also seit der Wiedervereinigung, habe das Thema insgesamt an Bedeutung gewonnen, Le Monde und Le Figaro erwarteten nun von Deutschland und Österreich „die Übernahme historischer Verantwortung“ (445). Zugleich sei die Erinnerung an die Shoah und damit die Erinnerung an die eigene historische Verantwortung „zu einem wesentlichen Element der offiziellen französischen Identitätsbestimmung“ (444) geworden.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.61 | 2.22 | 2.23 | 2.313 | 2.314 | 2.315 | 2.35 | 2.4
Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Christine Axer: Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Köln/Weimar/Wien: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/33011-die-aufarbeitung-der-ns-vergangenheit_39433, veröffentlicht am 04.05.2011.
Buch-Nr.: 39433
Inhaltsverzeichnis
Rezension drucken
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
CC-BY-NC-SA