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/ 22.06.2013
Almut Zwengel (Hrsg.)

Die "Gastarbeiter" der DDR. Politischer Kontext und Lebenswelt

Berlin: Lit 2011 (Studien zur DDR-Gesellschaft 13); III, 318 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-643-10640-7
Zur Zeit der Friedlichen Revolution lebten in der DDR 191.000 Ausländer, etwa die Hälfte von ihnen als Vertragsarbeiter. Viele stammten aus Algerien, Kuba oder Vietnam, alle waren aufgrund von Verträgen ins Land gekommen. Trotz ihres geringen Anteils an der Gesamtbevölkerung wurden diese Menschen meist massiv abgelehnt und einige von ihnen Opfer gewalttätiger Ausschreitungen. Die Autoren fragen deshalb nach dem Zusammenhang zwischen der spezifischen DDR-Realität und der auch noch in den fünf neuen Bundesländern festzustellenden Fremdenfeindlichkeit. In den beiden Einführungsbeiträgen beschreiben Almut Zwengel und Bernd Wagner die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Vertragsarbeiter, die ausgebliebene Thematisierung ihrer Anwesenheit in der Öffentlichkeit und der Fremdenfeindlichkeit. Deutlich wird, dass sowohl die SED als wichtigster Akteur einen „ethnisch-kulturellen Dünkel“ (22) an den Tag legte, als auch die Bevölkerung mehrheitlich feindlich auf die Ausländer reagierte. In den Beiträgen des zweiten Kapitels wird deren schwierige Lage geschildert. Den meist jungen Männern, die höchstens vier Jahre bleiben sollten, wurde keine soziale Infrastruktur zur Verfügung gestellt, Gemeinschaftsunterkünfte wurden als angemessen betrachtet. Spätestens seit Mitte der 80er-Jahre rückte zudem der Gedanke, mit ihrer Ausbildung Entwicklungshilfe zu leisten, gänzlich in den Hintergrund. Meist wurden ihnen unattraktive Industriearbeitsplätze zugewiesen. Den Beschreibungen dieser Lebenssituation wird dann im dritten Kapitel die Haltung der DDR-Bürger in den Betrieben gegenübergestellt, es folgt ein weiteres Kapitel über die gesellschaftliche Ausgrenzung – aber auch über die Unterstützung durch die Kirchen. Die ausländerpolitischen Vorstellungen des Runden Tisches erscheinen dann nur als historisches Zwischenspiel. Erschütternd ist im letzten Kapitel die Zusammenstellung der Daten fremdenfeindlich motivierter Gewalt in den Jahren 1990 bis 2008. Zum Abschluss folgen zwei Beiträge über Vietnamesinnen und Vietnamesen, die in Deutschland geblieben sind. Insgesamt wird mit dem Sammelband ein guter Überblick über die Situation der Vertragsarbeiter in der DDR vermittelt.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.3144.42 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Almut Zwengel (Hrsg.): Die "Gastarbeiter" der DDR. Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/33289-die-gastarbeiter-der-ddr_39810, veröffentlicht am 24.05.2011. Buch-Nr.: 39810 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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