Nach Luhmann stellt der Prozess der gesellschaftlichen Differenzierung moralische Kommunikation infrage, da entsprechende übergreifende Kriterien in der Moderne prekär geworden sind. Können aber soziale Institutionen nicht mehr auf andere Funktionssysteme zurückgreifen, bedürfen sie paradoxerweise einer Rechtfertigung, da sie sonst „normative Muster in Anschlag bringen, die mit anderen, nicht-aktualisierten gesellschaftlichen Strukturen“ (12) korrelieren. Daher stellen die Herausgeber fest, dass Gerechtigkeitsforderungen weiterhin – zumindest in Form ethischer Reflexionen – geltend gemacht werden und empirische Wirkungsmächtigkeit zeigen. Die Beiträge konstatieren daher einerseits die Beständigkeit der (z. T. vormodernen) Gerechtigkeitsvorstellungen, die auch neue Bereiche (Ökologie) thematisieren. Andererseits weisen die Autoren auf die beschränkte politische Steuerung der Gerechtigkeit hin. Dieses Dilemma aus nichtfunktionaler Gerechtigkeitspolitik und Festhalten am Normativismus gerinnt spätestens dann zur Gegenwartsdiagnose (Michael Th. Greven), wenn man wie Uwe Schimack feststellt, dass die Durchsetzung egalitärer Ansprüche nicht nur zu Leistungsdefiziten in gesellschaftlichen Subsystemen, sondern vor allem zu neuer Ungerechtigkeit führt, die dann vor allem die Engagierten innerhalb eines Systems betrifft.