Soziolog. Habilitationsschrift Zürich. – Die neoliberale Ausgestaltung globaler Finanz- und Handelsbeziehungen hat für breite Bevölkerungsschichten nicht zu einem Wohlstandsgewinn, sondern zu einer Verschärfung von sozialer Ungleichheit geführt. In vielen Schwellen- und Entwicklungsländern wächst der Widerstand und es formiert sich eine zivilgesellschaftliche Gegenmacht zum finanzmarktdominierten Kapitalismus. Im Unterschied zu den häufig vom „globalen Norden“ dominierten internationalen Nichtregierungsorganisationen setzen soziale Bewegungsnetzwerke auf eine starke lokale und basisdemokratische Verankerung. Gleichzeitig versuchen sie aber auch durch „semi-institutionelle Verdichtungen“ (267) transnationale Koalitionen zu bilden. Herkenrath untersucht diese transnationalen sozialen Bewegungskoalitionen hinsichtlich ihrer Potenziale „für eine emanzipatorische Weltpolitik“ (288). Im Mittelpunkt stehen dabei deren Handlungsräume, Kohäsionskräfte, internen Konfliktpotenziale und entsprechende Mechanismen der Konfliktbearbeitung. Der Autor gibt zunächst einen Überblick über die Theorieansätze der Bewegungsforschung und plädiert einerseits für ein „eklektisches Vorgehen“ (57). Er berücksichtigt sowohl motivationale Erklärungen der Sozialpsychologie, Analysen zur Ressourcenmobilisierung und des politischen Prozesses sowie die Gestaltung von Deutungskulturen („collective action frames“, 47). Andererseits orientiert sich Herkenrath am neogramscianischen Ansatz der internationalen Beziehungen und stellt seine makrosoziologische Analyse in den Kontext einer „aktuellen Hegemoniekrise“ (103). Gegenstand des empirischen Teils ist die exemplarische Untersuchung der panamerikanischen Widerstandsbewegung gegen den Freihandel. Die Studie stützt sich auf die Auswertung von Umfragen unter den Teilnehmern der Weltsozialforen 2005 und 2007. Für die ethnografische Fallstudie über die Alianza Social Continental wurden umfangreiche qualitative Daten während eines Forschungsaufenthalts in Argentinien analysiert (Protokolle teilnehmender Beobachtung von Koordinierungstreffen 2005, halb-standardisierten Interviews, informelle Gespräche). Die Arbeit überzeugt durch ihre inhaltliche und methodische Stringenz und nicht zuletzt durch ihre sprachliche Zugänglichkeit, gleichwohl ein Abkürzungsverzeichnis sehr hilfreich gewesen wäre.