Kann sich die Politik heute noch an der Vision einer sogenannten Guten Gesellschaft orientieren? Gibt es trotz Individualisierung und der Auflösung traditioneller sozialer Milieus, der Schwächung kollektiver Akteure und einer zunehmenden Einschränkung nationalstaatlicher Souveränität noch genügend sozialstrukturell verankerte Gemeinsamkeiten von Interessen und Werten, die die Rede von einer inhaltlich bestimmten Guten Gesellschaft mehrheitsfähig erscheinen lassen? Und bestehen nicht selbst innerhalb der demokratischen Linken sehr wohl unterschiedliche Vorstellungen darüber, was eine Gute Gesellschaft wesentlich auszeichnen sollte? Mit vorsichtig zweifelnden Fragen dieser Art eröffnet Erhard Eppler den Sammelband mit Beiträgen von Autorinnen und Autoren, die sich – durchaus unter Berufung auf die Geschichte der Sozialdemokratie – um eine Aktualisierung der Idee der sozialen Demokratie bemühen. Die Herausgeber greifen Epplers Skepsis auf – es geht nicht um eine akademische Definition des Guten, sondern um Impulse für eine Debatte, die angesichts der gesellschaftlichen Folgen marktradikaler Globalisierung Antworten geben soll auf die Frage, „wie wir leben wollen“ (14). Die Beitragsautoren befassen sich zunächst mit unterschiedlichen Dimensionen von sozialer Gerechtigkeit, diskutieren dann wünschenswerte Relationen von Markt, Staat und Zivilgesellschaft und greifen abschließend normative und praktische Herausforderungen auf, die sich einer sozialdemokratischen Politik in den nächsten Jahrzehnten stellen werden. Die Publikation des Bandes, der stärker von einem programmatischen denn von einem analytischen Duktus geprägt ist, hat die Friedrich‑Ebert‑Stiftung unterstützt.