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/ 16.10.2014
Darrow Schecter

Die Kritik der instrumentellen Vernunft von Weber bis Habermas. Aus dem Englischen übersetzt von Diana Göbel

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Studien zur Politischen Soziologie 16); 261 S.; brosch., 39,- €; ISBN 978-3-8329-6879-3
Darrow Schecter, er lehrt am Centre for Social and Political Thought/University of Sussex (UK), verfolgt mit seiner breit angelegten Studie eine Aktualisierung der Kritik der instrumentellen Vernunft, wie sie nicht allein, aber doch wesentlich von Horkheimer und Adorno entwickelt worden ist. Der Weber‘schen Analyse des letztlich universellen Rationalisierungsprozesses entsprechend steht instrumentelle Vernunft für jene problematische Konzeption, die in epistemologischer Hinsicht von einer Subjekt‑Objekt‑Trennung ausgeht, allein Zweck‑Mittel‑Rationalität gelten lässt und in politischer Hinsicht an das liberaldemokratische Verständnis von formalem Recht und negativer Freiheit gekoppelt ist. Diese „exegetische Zielsetzung“ (12) verfolgt der Autor in kenntnisreicher Diskussion und Kommentierung unterschiedlicher Spielarten der Auseinandersetzungen mit instrumenteller Vernunft von Lukács, Simmel und Benjamin über Adorno und Horkheimer, Heidegger und Arendt sowie Marx und Foucault. Diese Referenzen dienen zugleich dazu, Möglichkeiten einer „post‑rechtsstaatlichen Legitimität“ (14 ff., 239) aufzuweisen, die die liberale Trennung zwischen formaler Legalität und einer wesentlich auf funktionale Systemerfordernisse bezogenen Legitimität überwinden könnte. Darüber hinaus verbindet Schecter sein Votum für eine Erneuerung der Kritik der instrumentellen Vernunft mit einer entschiedenen, allerdings nicht wirklich überzeugenden Kritik der Position, die Habermas in seinen späteren Werken – primär „Theorie des kommunikativen Handelns“ und „Faktizität und Geltung“ – eingenommen hat. Mit der in diesem Kontext entwickelten Unterscheidung von System und Lebenswelt und deren demokratietheoretischer Interpretation verabschiede sich Habermas – ideengeschichtlich Durkheim gegen Marx und Weber ausspielend – von der „Möglichkeit einer politischen Kontrolle der Wirtschaft“ (231). Gemessen am argumentativen Duktus der voraufgegangenen Kapitel erscheint die abschließende Erwägung wenig begründet, die Systemtheorie Luhmanns sei eine substanziellere Gegenposition einer erneuerten Kritik der instrumentellen Vernunft als die Theorie des kommunikativen Handelns.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.465.42 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Darrow Schecter: Die Kritik der instrumentellen Vernunft von Weber bis Habermas. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/37663-die-kritik-der-instrumentellen-vernunft-von-weber-bis-habermas_44012, veröffentlicht am 16.10.2014. Buch-Nr.: 44012 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA