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/ 07.06.2013
Matthias Peter / Hermann Wentker (Hrsg.)

Die KSZE im Ost-West-Konflikt. Internationale Politik und gesellschaftliche Transformation 1975-1990

München: Oldenbourg Verlag 2012 (Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Sondernummer); VI, 344 S.; brosch., 49,80 €; ISBN 978-3-486-71693-1
In dem anlässlich einer Tagung im Oktober 2010 entstandenen Sammelband werden die Ergebnisse eines langjährigen Forschungsprojektes des Institutes für Zeitgeschichte München‑Berlin, des Lehrstuhls für Zeitgeschichte der Universität Paris IV und des Lehrstuhls für osteuropäische Geschichte an der Universität Erlangen‑Nürnberg präsentiert. Die systematischen Leitfragen stellen die Herausgeber in ihrem einleitenden Aufsatz dar: Welche Rolle spielte der KSZE‑Prozess beim Zusammenbruch des Ostblocks? Ist die KSZE wirklich als entscheidendes Moment der gesellschaftlichen Transformation im Osten zu sehen, wie es die These vom „Helsinki‑Effekt“ nahelegt, oder war die KSZE nur eines von vielen Foren internationaler Politik und die systemverändernde Kraft ein bloßer „Helsinki‑Mythos“? Die Autorinnen und Autoren bearbeiten diese Fragestellung in sechs Themenkomplexen. Zunächst erläutert Douglas Selvage die Rolle der Supermächte im KSZE‑Prozess. Er argumentiert, dass ein entscheidender Faktor für die Ergebnisse der Konferenzen die Frage des nuklearen Gleichgewichts zwischen Ost und West war, also außerhalb der Agenda der KSZE lag. So hing die Ergebnislosigkeit der Belgrader Folgekonferenz wesentlich von den Interessen der beiden Supermächte in den Verhandlungen über SALT II (Strategic Arms Limitations Talks) ab und in Madrid spielten der NATO‑Doppelbeschluss und die folgenden INF‑Verhandlungen (Intermediate Range Nuclear Forces) eine wichtige Rolle. In weiteren Kapiteln werden die westeuropäischen Strategien gegenüber Osteuropa, die Handlungsspielräume osteuropäischer Länder am Beispiel Polens und Rumäniens, die Rolle der neutralen Staaten, die Bedeutung der Folgekonferenzen für Politik und Gesellschaft in Deutschland und Polen sowie die Auswirkungen auf die Bürgerrechts‑ und Nationalitätenbewegungen in der Sowjetunion beschrieben. Den in der Fragestellung angesprochenen „Helsinki‑Effekt“ kann Walter Süß in seinem Beitrag zur Wiener KSZE‑Folgekonferenz und dem Handlungsspielraum des DDR‑Sicherheitsapparates 1989 nachweisen. So führten einzelne Bestimmungen des Schlussdokumentes unter anderem dazu, dass Anfang April 1989 der Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze ausgesetzt wurde, dass die staatlichen Repressionen im Zusammenhang mit Ausreiseverfahren deutlich weniger wurden und dass Bürgerrechtsgruppen zwar nicht legalisiert, aber eben auch nicht zerschlagen und damit faktisch geduldet wurden.
Sebastian Lasch (LA)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 4.34.14.214.22 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Lasch, Rezension zu: Matthias Peter / Hermann Wentker (Hrsg.): Die KSZE im Ost-West-Konflikt. München: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/9245-die-ksze-im-ost-west-konflikt_43215, veröffentlicht am 21.03.2013. Buch-Nr.: 43215 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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