/ 21.06.2013
Richard Overy
Die letzten zehn Tage. Europa am Vorabend des Zweiten Weltkriegs. 24. August bis 3. September 1939. Aus dem Englischen von Klaus Binder
München: Pantheon 2009; 159 S.; 12,95 €; ISBN 978-3-570-55088-5Der Autor schildert die diplomatischen Geschehnisse, die politischen Konstellationen und die Wirkung psychologischer Faktoren in den letzten zehn Tagen vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Durch die Darstellung der Ursachen möchte Overy zeigen, „dass nichts in der Geschichte unausweichlich ist“ (8). Im Mittelpunkt der Ausführungen stehen die Aktionen der britischen und französischen Politiker, der Regierungschefs Chamberlain und Daladier sowie ihrer jeweiligen Außenminister Lord Halifax und Bonnet. Im Zentrum des politischen Kontexts stehen die deutschen Forderungen gegenüber Polen sowie die Reaktion Polens, Großbritanniens und Frankreichs. Hitler wollte nach seinen Erfolgen gegenüber Österreich und der Tschechei nun die freie Stadt Danzig wieder ins Reich eingliedern. Doch die Haltung der Polen war unnachgiebig und Hitler hing der Überzeugung an, „dass der Westen nachgeben werde, wenn es hart auf hart käme“ (17). In Paris und London rückte man von der Appeasement-Politik ab und hoffte, dass die offenkundig feste Haltung des Westens Hitler von der Anwendung von Gewalt abhalten werde. So führte Großbritannien im April 1939 die allgemeine Wehrpflicht ein und im März hatten britisch-französische Generalstabsgespräche begonnen. Für den Autor ist eindeutig, dass Hitler den Krieg wollte, jedoch „er wollte Krieg zu seinen eigenen Bedingungen, am liebsten einen begrenzten Krieg in Polen“ (21). Zwar geht Overy davon aus, dass Hitler zu jenem Zeitpunkt noch keinen konkreten Plan zur Welteroberung gehabt habe, es gab nicht einmal Vorstellungen, was mit Polen geschehen sollte, aber getrieben wurde er dennoch von den „geopolitischen Fantasien“ der Großraumwirtschaft und eines mitteleuropäischen Imperiums „als Ausgangsposition für eine Konfrontation mit der Sowjetunion“ (115). Diese Vorstellungen waren freilich „grundsätzlich irrational“ (116). Die Frage, warum Großbritannien und Frankreich sich nach den Jahren der Zugeständnisse zur Härte entschlossen, erklärt der Autor mit einer „Bedrohung ihres Lebensstils und ihrer Werte“ (119). In beiden Ländern habe es zunehmend die Wahrnehmung gegeben, sich „vor den Gefahren einer aus den Fugen geratenen Welt schützen“ (126) zu müssen.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.1 | 2.312
Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Richard Overy: Die letzten zehn Tage. München: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/31378-die-letzten-zehn-tage_37345, veröffentlicht am 01.12.2009.
Buch-Nr.: 37345
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Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
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