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/ 03.06.2013
Niklas Luhmann

Die Realität der Massenmedien

Opladen: Westdeutscher Verlag 1996; 219 S.; 2., erw. Aufl.; kart., 24,80 DM; ISBN 3-531-12841-8
Die durch Massenmedien vermittelte Realität ist nach Luhmann ein "Effekt der funktionalen Differenzierung der modernen Gesellschaft" (10). Die Grundfrage lautet: Wie konstruieren Massenmedien Realität? Seine abschließenden Thesen: Massenmedien können zwar zwischen Selbstreferenz (Beobachtung der eigenen Strukturen und Operationen) und Fremdreferenz (Berichte über Tatsachen und Meinungen, d. h. auch Beobachtung von Beobachtern) unterscheiden. Allerdings können sie sich nicht selbst als Beobachter beobachten und fragen: "wie operiere ich als Beobachter und warum unterscheide ich so und nicht anders?" (209). Warum unterscheidet man z. B. beim Bericht über Skandale gerade das Merkmal skandalös/nichtskandalös, und warum nimmt ausgerechnet diese Unterscheidung zu? Mit allen Unterscheidungen, die das System der Massenmedien verwendet, "versetzt es sich selbst in den unbeobachtbaren unmarkierten Raum [...] Jede Unterscheidung, aber genau das kann man noch wissen, invisibilisiert den Beobachter. Wollte er sich de-invisibilisieren, müßte er sich bezeichnen, also sich unterscheiden; und wieder hätte man die Frage: wer ist der Beobachter; der so und nicht anders entscheidet." (209) Dies hat zur Folge, daß die "Kontingenz aller Kriterien und aller möglichen Beobachterpositionen" akzeptiert wird und die Massenmedien die Unterscheidungsschemata je nach Moden oder Wertewandel wechseln können. "Das System operiert dann zwar auf einer Ebene höherer Unsicherheit, aber das gilt auch für die anderen Funktionssysteme, für die Geldwirtschaft, die Kunst, die Wissenschaft, die Politik. Im Akzeptieren dieses postmodernen Duktus folgen die Massenmedien nur dem, was die Form gesellschaftlicher Differenzierung nahelegt. Aber mit einem laufenden Wechsel der Perspektiven ist der Beobachter, der diesen Wandel mit der Unterscheidung vorher/nachher vollzieht, wiederum nicht zu fassen. 'Gott ist tot' hat man behauptet - und gemeint: der letzte Beobachter ist nicht zu identifizieren." (210) Inhaltsübersicht: 1. Ausdifferenzierung als Verdoppelung der Realität; 2. Selbstreferenz und Fremdreferenz; 3. Codierung; 4. Systemspezifischer Universalismus; 5. Nachrichten und Berichte; 6. Ric´upero; 7. Werbung; 8. Unterhaltung; 9. Einheit und strukturelle Kopplungen; 10. Individuen; 11. Die Konstruktion der Realität; 12. Die Realität der Konstruktion; 13. Die Funktion der Massenmedien; 14. Öffentlichkeit; 15. Schemabildung; 16. Kybernetik zweiter Ordnung als Paradoxie.
Stefan Lembke (SL)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.225.4 Empfohlene Zitierweise: Stefan Lembke, Rezension zu: Niklas Luhmann: Die Realität der Massenmedien Opladen: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/1329-die-realitaet-der-massenmedien_1480, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 1480 Rezension drucken
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