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/ 19.06.2014
Willy Buschak

Die Vereinigten Staaten von Europa sind unser Ziel. Arbeiterbewegung und Europa im frühen 20. Jahrhundert

Essen: Klartext 2014; 378 S.; brosch., 29,95 €; ISBN 978-3-8375-0751-5
Im Europawahljahr 2014 legt Willy Buschak eine verschüttete Tradition frei und erinnert daran, dass die Arbeiterbewegung von Beginn an in Gewerkschaften und sozialistischen Parteien das Ziel einer europäischen Einigung verfolgte. Buschak, der selbst für den Deutschen Gewerkschaftsbund in Sachsen arbeitet, reflektiert in seiner Studie breit angelegt die europapolitischen Diskussionen der Zwischenkriegszeit. Die große Mehrzahl der damaligen Konzepte sah den Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen sowie die Herausbildung einer Wirtschaftsgemeinschaft als vordringliche Ziele an. Damit nahmen sie das vorweg, was nach dem Zweiten Weltkrieg europapolitische Realität werden sollte. Anders als die Gründer der Europäischen Union sahen die Vordenker der Arbeiterbewegung aber auch eine Angleichung der Arbeitsbedingungen und eine Politik des sozialen Ausgleichs als unverzichtbaren Bestandteil der europäischen Einigung. Angesichts der aktuellen Diskussionen nimmt man erstaunt zur Kenntnis, dass die Frage, ob und in welcher Weise eine Einbeziehung Großbritanniens in das Einigungsprojekt sinnvoll wäre, schon damals äußerst kontrovers diskutiert wurde. Dass Deutschland gemeinsam mit Frankreich die wichtigste Achse eines geeinten Europa bilden müsse, war dagegen unstrittig. Das Kapitel „Arbeiter auf Reisen“ (271ff.) verdeutlicht außerdem eindrucksvoll die praktische Seite der Einigungsbewegung. So legte die Arbeiterbewegung schon früh Wert auf gegenseitige Begegnungen ihrer Funktionäre, auf internationale Gewerkschaftskongresse, Jugendtreffen, Arbeiterolympiaden und gemeinsame Demonstrationen, um so Grundsteine eines europäischen Gemeinschaftsgefühls zu legen. Eine Vielzahl an Arbeiterreiseorganisationen ermöglichte auch einfachen Arbeitern und Angestellten mit langfristigen Ratenzahlungsplänen Ferien‑ oder Studienreisen ins europäische Ausland. Gerade diese praktischen Erfahrungen beim Überschreiten von Grenzen dürften in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden, wie Buschak unter anderem mit diesem Zitat zeigt: „Nach vielstündiger schöner Fahrt […] überschreiten wir hinter Basel die französische Grenze und bemerken nur, was wir Sozialisten längst wissen, nämlich dass man so eine politische Grenze, hinter der der Erzfeind lauern soll, niemals bemerkt.“ (320)
Sebastian Lasch (LA)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 3.12.612.3112.22 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Lasch, Rezension zu: Willy Buschak: Die Vereinigten Staaten von Europa sind unser Ziel. Essen: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/37198-die-vereinigten-staaten-von-europa-sind-unser-ziel_45325, veröffentlicht am 19.06.2014. Buch-Nr.: 45325 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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