/ 03.06.2013
Winfried Thaa
Die Wiedergeburt des Politischen. Zivilgesellschaft und Legitimitätskonflikt in den Revolutionen von 1989
Opladen: Leske + Budrich 1996; 390 S.; 68,- DM; ISBN 3-8100-1647-0Habilitationschrift Tübingen. - Thaa kritisiert die vorherrschenden Modelle der Modernisierungs- und Transitionsforschung und stellt diesen einen eigenen Ansatz entgegen, in dem er auf die "vielgeschmähte Kommunismusforschung" (15) zurückgreift. Gleichzeitig grenzt er sich jedoch gegenüber konkurrierenden Ansätzen der Totalitarismustheorie insofern ab, als er nicht Terror und Gewaltanwendung als zentrale Elemente betrachtet und so der Falle entgeht, Systemveränderungen einzig auf äußere Einwirkungen zurückführen zu können.
Unter Bezugnahme auf Hannah Arendts Begriffe der Politik und Macht wird ein Erklärungsmuster für die Umbruchprozesse der realsozialistischen Staaten Ostmitteleuropas formuliert. Vergleichend werden die Ereignisse in Polen, Ungarn und der damaligen Tschechoslowakei als wahrhaft politische Revolutionen beschrieben. Gegenüber anderen Ansätzen rückt der Autor "die herrschaftszerstörende Wirkung und die weitgehend autonome Dynamik des Politischen in kommunistischen Systemen" (343) in den Mittelpunkt seiner Analyse und beschreibt im folgenden die zivilgesellschaftliche Ausrichtung der oppositionellen Akteure als zentralen Schritt auf dem Weg zu alternativen Legitimationsprinzipien.
Abschließend stellt er fest: In der länderübergreifenden Darstellung "sollte deutlich geworden sein, wie sich bei allen Unterschieden [...] in diesem Konflikt authentische, d. h. auf Zustimmung gestützte politische Macht entfaltete und einer auf die zielrationale Vereinheitlichung der Gesellschaft gerichteten Herrschaftsordnung den Boden entzog" (343). Ein Ergebnis, das auch für andere Transitionsprozesse Relevanz besitzen könnte.
Inhaltsübersicht: I. Einleitung; II. Der Umbruch in Ost- und Mitteleuropa und die Erklärungsdefizite der systemtheoretisch geprägten Modernisierungsansätze; III. Das kommunistische Einparteiensystem als zielrationaler Herrschafts- und Legitimationstypus; IV. Von der Transzendenz zum Wohlstandsversprechen: Entwicklung und Erosion einer sozialistischen Zielkultur am Beispiel der DDR; V. Die Transformation zielrationaler Herrschaft und das Konzept der "Civil Society"; VI. Die lebensweltliche Rekonstruktion politischer Zivilgesellschaft in Ostmitteleuropa; VII. Die politischen Revolutionen in Ostmitteleuropa; VIII. Schlußbetrachtung: Autonomie und Grenzen des Politischen.
Christoph Emminghaus (cem)
Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.2 | 2.62 | 2.313 | 5.4
Empfohlene Zitierweise: Christoph Emminghaus, Rezension zu: Winfried Thaa: Die Wiedergeburt des Politischen. Opladen: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2305-die-wiedergeburt-des-politischen_2827, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 2827
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Dr., Politikwissenschaftler.
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