/ 06.11.2014
Al Gore
Die Zukunft. Sechs Kräfte, die unsere Welt verändern. Aus dem Englischen von Anne Emmert, Thomas Pfeiffer und Werner Roller
Berlin: Siedler Verlag 2013; 624 S.; geb., 26,99 €; ISBN 978-3-8275-0042-7„Unwissenheit und Missverständnisse sind mit Sicherheit Feinde des echten Fortschritts“ (481) – die aktuelle globale Entwicklung aber erfordert nach Ansicht von Al Gore, ehemaliger Vizepräsident der USA und Träger des Friedensnobelpreises, ein hohes Maß an Information und Einsicht, um die Zerstörung von Umwelt und Zivilisation weltweit noch aufzuhalten. In diesem Buch skizziert er deshalb auch nicht „die Zukunft“, wie man sie fürchten könnte, sondern lässt sie seine Leserinnen und Leser aus dem erahnen, was aus der Gegenwart folgen wird. Deren Bestandsaufnahme hat sich Gore zur Aufgabe gemacht und beschreibt die Triebkräfte, die globale Prozesse prägen und damit ihre Schatten vorauswerfen. Dazu zählen die vernetzte Weltwirtschaft, die sich von den Zwängen der Politik befreit hat, die neuen Medien, deren Potenzial für die Vermittlung von Wissen und die Demokratisierung noch unausgeschöpft ist, oder die „Neuerfindung von Leben und Tod“ (277) durch Genforschung oder auch den Antibiotikaeinsatz in der Tiermast. Dargestellt werden so die zentralen globalen Probleme, wobei die USA immer wieder in den Mittelpunkt rücken – ob ihre Entwicklung (noch) wegweisend ist, wird nicht diskutiert, erscheint aber auch nicht (mehr) wünschenswert, etwa wenn man über den „Niedergang der Demokratie“ (24) liest, womit „den USA auch die Fähigkeit zum klaren kollektiven Denken abhandengekommen ist“ (25). Jedem Kapitel über eines der Triebkräfte, die aus jeweils einem ganzen Komplex an Faktoren bestehen, steht eine Mindmap voran, die vor allem nach der Lektüre als Rettungsleine dienen kann, sollte man in der Flut von Informationen untergegangen sein. Insgesamt besticht, dass Gore wie angekündigt ohne Spekulationen auskommt und nur Handlungsempfehlungen gibt, die auf gesicherten Fakten basieren. Ein Beispiel dafür ist in dem Kapitel „Auswüchse“ im Kontext von wachsender Bevölkerung und Armut das Plädoyer, für die Bildung von Mädchen zu sorgen, die Stellung der Frauen in der Gesellschaft zu stärken, Empfängnisverhütung frei verfügbar zu machen und die Kindersterblichkeit zu senken. Insgesamt zielt Gores beschreibende Argumentation auf einen reformierten und nachhaltigen Kapitalismus, denn nur dieser kann seiner Ansicht nach die größte Bedrohung der Zukunft entschärfen – die Erderwärmung: Um nicht die „Zivilisation, die wir kennen“, zu zerstören, sollte die Lösung der Klimakrise „zum zentralen Organisationsprinzip der globalen Zivilisation“ (379) werden.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.2 | 4.1 | 4.4 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Al Gore: Die Zukunft. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/37755-die-zukunft_45916, veröffentlicht am 06.11.2014. Buch-Nr.: 45916 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenDipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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