/ 22.06.2013
Stephan Moebius / Markus Schroer (Hrsg.)
Diven, Hacker, Spekulanten. Sozialfiguren der Gegenwart
Berlin: Suhrkamp 2010 (edition Suhrkamp 2573); 473 S.; 16,- €; ISBN 978-3-518-12573-1„Die Frage nach dem Stellenwert des Individuums in der Gesellschaft [ist] von anhaltender Aktualität“ (7), schreiben die Herausgeber und stellen mit diesem Sammelband in 34 Einzeldarstellungen idealtypische soziale Figuren vor, die als kleinste Strukturelemente begriffen werden. Die Autoren entwerfen so ein auf die spezifische historische Konfiguration ausgerichtetes, von der Mikroebene aus erschlossenes Glossar westlicher Gesellschaften. Manche der Sozialfiguren, also „zeitgebundene historische Gestalten, anhand derer ein spezifischer Blick auf die Gegenwartsgesellschaft geworfen werden kann“ (8), die in dem Band auftreten, sind erwartbar. Sie sind es, weil sie, sei es über die Presseberichterstattung oder über sozialwissenschaftliche Literatur, immer wieder auftauchen – so etwa „Der flexible Mensch“ (Opitz), „Der Konsument“ (Hellmann), „Der Manager“ (Baecker), „Der Migrant“ (Berking), „Der Single“ (Hradil) oder auch „Der Überflüssige“ (Bude). Daneben steht eine Reihe von Sozialtypen, die zwar in der heutigen Zeit auch auftreten, aber nicht typisch modern sind. Hierzu zählen die Beiträge „Der Bürger/Weltbürger“ (Fischer), „Der Dandy“ (Hörner), „Der Flaneur“ (Düllo), „Der Narziss“ (Müller/Soeffner) oder auch „Der Verlierer“ (Paris). Darüber hinaus hat es eine Dreiergruppe in den Band geschafft, die dort vor zehn Jahren kaum anzutreffen gewesen wäre: „Der Amokläufer“ (Vogl), „Der Fundamentalist“ (Ebertz) und „Der Terrorist“ (Quadflieg). Auch wenn es widerstrebt, diese drei Figuren als Sozialtypen zu begreifen, so sind sie es in einem reflexiven Sinne doch. Denn sie repräsentieren die gegenwärtig wohl dominantesten Ängste dieser Gesellschaft in Bezug auf ihre potenzielle (Selbst-)Zerstörung. Es wäre an den Herausgebern gewesen, solche typologischen Unterschiede in der Einleitung deutlich zu machen. Auf knapp vier Seiten gelingt das genauso wenig, wie eine hinreichende theoretische Fundierung und eine Begründung für die Ablehnung systemtheoretischer Perspektiven. Was bleibt ist ein spannendes und vielschichtiges, wenn auch sicher nicht erschöpfendes Lesebuch.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.2 | 5.42
Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Stephan Moebius / Markus Schroer (Hrsg.): Diven, Hacker, Spekulanten. Berlin: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/32894-diven-hacker-spekulanten_39290, veröffentlicht am 03.11.2010.
Buch-Nr.: 39290
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Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
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