Skip to main content
/ 11.06.2013
Hans Jörg Sandkühler (Hrsg.), unter Mitwirkung von Detlev Pätzold, Armin Regenbogen und Pirmin Stekeler-Weithofer

Enzyklopädie Philosophie. Band 1: A-N. Band 2: O-Z

Hamburg: Felix Meiner Verlag 1999; XXII, 1.902 S.; geb., 248,- DM; ISBN 3-7873-1452-0
Rund 400 Artikel von über 230 Autoren umfaßt das Monumentalwerk, das für Lehrende und Lernende der Philosophie und angrenzender Teildisziplinen uneingeschränkt zu empfehlen ist. Sehr gelungen scheint schon der Aufbau der einzelnen, meist mehrere Seiten langen Artikel, der ganz einer enzyklopädischen Konzeption folgend, Systematik und Geschichte gleichrangige Beachtung schenkt. Zunächst wird der Begriff in seiner philosophischen und gegebenenfalls wissenschaftlichen oder alltagssprachlichen Verwendung eingeführt, es folgt eine Begriffs‑ und Problemgeschichte, die signifikante Momente der Genese des Begriffs nachzeichnet. Schließlich endet jeder Artikel mit einer kursorischen Bestandsaufnahme der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion. Es schließt sich eine ausführliche Bibliographie an und ‑ eine Hilfe für den wissenschaftlichen Leser – Anmerkungen, die den Bezug auf Quellen und Literatur belegen. Sinnvoll erscheint auch, daß fremdsprachige Zitate mit Ausnahme des Englischen übersetzt wurden, ferner, daß griechische Wörter und solche aus slawischen Sprachen transliteriert wurden. Die Enzyklopädie umfaßt lediglich Stichwörter und Begriffe. Auf Darstellungen zu einzelnen Philosophen und Werke haben die Herausgeber verzichtet. Berücksichtigt wurden allerdings für das Verständnis der Philosophie wesentliche Schulen, Strömungen oder Richtungen (z. B. Kritische Theorie, logischer Empirismus). Wer Informationen zu einzelnen Autoren sucht, wird im Personenregister fündig und kann sich dann die Gedanken des Philosophen gleich im Kontext des relevanten Ideenumfeldes erarbeiten. Ein Blick in den 18 Seiten langen Artikel "Politik" legt Zeugnis ab von den Vorteilen der enzyklopädischen Konzeption des Nachschlagewerks: Der Artikel beginnt begrifflich wie historisch in der Antike und endet mit der Debatte zwischen Liberalen und Kommunitaristen sowie der Diskussion um einen dritten Weg (Blair, Schröder). Der historische Durchgang von den antiken Poleis über Hellenismus und Römisches Reich zum Mittelalter und der Neuzeit wird begleitet von einer ideengeschichtlichen Reflexion der strukturellen Veränderungen in den Gedankengebäuden wichtiger Denker – nicht weniger als Platon, Aristoteles, Polybios, Cicero, Augustinus, Thomas von Aquin, Marsilius von Padua, Machiavelli, Bodin, Hobbes, Locke, Montesquieu und Rousseau geschieht dabei Erwähnung, um nur die Denker bis zur Französischen Revolution aufzuführen. Der Herausgeber will den Anspruch der Enzyklopädie nicht auf eine bloß deskriptive Erfassung zentraler Begriffe beschränkt sehen. In der Tradition der vom Aufklärungsgeist beseelten französischen Enzyklopädisten versteht er unter Enzyklopädie "eine der kulturellen Formen, in denen unter den Bedingungen des Pluralismus mögliche Welten koexistieren und scheinbar chaotische Vielheit in eine Einheit gebracht wird, die nicht von dem Einen beherrscht ist. [...] Die Enzyklopädie [...] subsumiert das Besondere und bringt es unter einen allgemeinen Namen, in dem der Einzelfall nachklingt." (XI f.) Gegen den postmodernen Kontextualismus insistiert Sandkühler darauf, daß in der Enzyklopädie Verzicht auf das "private System" (IX) getan wird und statt dessen im "Rekurs auf Geschichte in philosophischen Begründungen" (IX) einem "neutralen Pluralismus" (X) zum Recht verholfen wird: "Pluralismus, Demokratie und Enzyklopädie bilden eine Triade. [...] Pluralismus ist nicht die Zerstörung des ehemals Guten, sondern der Normalfall, condition humaine." (X)
{FW}
Rubrizierung: 5.1 Empfohlene Zitierweise: Florian Weber, Rezension zu: Hans Jörg Sandkühler (Hrsg.), unter Mitwirkung von Detlev Pätzold, Armin Regenbogen und Pirmin Stekeler-Weithofer: Enzyklopädie Philosophie. Hamburg: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/10975-enzyklopaedie-philosophie_12975, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 12975 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA