/ 22.06.2013
Jessica Langner
Fairness, Efficiency and Democracy Deficit. Combinatorial Methods and Probabilistic Analysis on the Design of Voting Systems
Saarbrücken: Südwestdeutscher Verlag für Hochschulschriften 2012; XXII, 271 S.; 98,- €; ISBN 978-3-8381-3544-1Mathem. Diss. FernUniversität Hagen; Begutachtung: W. Kirsch, P. Eichelsbacher. – Faire und gerechte, aber zugleich auch handlungsfähige Wahlsysteme sind für die politische Repräsentation in Demokratien von zentraler Bedeutung, damit politische Entscheidungen von den Bürgern legitimiert und politische Eliten responsiv gegenüber dem Elektorat sind. Langner blickt mit der Perspektive einer Mathematikerin auf die technische Ausgestaltung von Wahlsystemen mit Fokus auf das zweistufige Wahlsystem im Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft von 1958 und dem Ministerrat der Europäischen Union nach den Verträgen von Nizza und Lissabon. Es ist ihr Ziel, wissenschaftlich fundierte Vorschläge für ein besseres Wahlsystem zu unterbreiten. Im ersten Teil der Arbeit wird hierzu ein eigener kombinatorischer Ansatz auf Basis minimal gewinnender Koalitionen in einem binären Wahlsystem entwickelt. Auf Grundlage dieser neuen Berechnungsmethode wird versucht, das Wahlsystem des Ministerrates der EU nach Nizza und Lissabon – das nicht als fair im Sinne der Machtverteilung gemäß dem Quadratwurzelgesetz von Penrose gilt – zu verbessern. Die Ergebnisse zeigen, dass die Veränderung der Quoten nur zu einer kleinen Verbesserung führt, die Machtverteilung aber beständig suboptimal bleibt und Blockadechancen enorm sind. Dies spricht laut der Autorin für eine fundamentale Änderung des Wahlsystems, zum Beispiel auf der Basis des jagiellonischen Kompromisses. Im zweiten Teil der Arbeit werden probabilistische Modelle von Wahlverhalten entwickelt, um die Effektivität des Wahlsystems und das demokratische Defizit – hier verstanden als die Diskrepanz zwischen dem Votum im Ministerrat und dem Votum der Bevölkerung in den Mitgliedstaaten – zu untersuchen. Diese Analyse ergibt, dass das erwartete Demokratiedefizit pro Wähler mit der Annahme, dass Wähler nicht atomistisch handeln, sondern einander beeinflussen oder kooperieren, sinkt. Zusammenfassend stellt die Dissertation eine Bereicherung für die Diskussion um die Ausgestaltung von Wahlsystemen dar, die politikwissenschaftlich und politisch relevant ist.
Martin Schultze (MSC)
M. A., Politikwissenschaftler (Sozialwissenschaftler), wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Rubrizierung: 2.22 | 3.4 | 1.2
Empfohlene Zitierweise: Martin Schultze, Rezension zu: Jessica Langner: Fairness, Efficiency and Democracy Deficit. Saarbrücken: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/35825-fairness-efficiency-and-democracy-deficit_43497, veröffentlicht am 11.04.2013.
Buch-Nr.: 43497
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M. A., Politikwissenschaftler (Sozialwissenschaftler), wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
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