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/ 04.06.2013
Leonid Reschin

Feldmarschall im Kreuzverhör. Friedrich Paulus in sowjetischer Gefangenschaft 1943-1953. Mit einem Vorwort von Lew Besymenski. Aus dem Russischen von Barbara und Lothar Lehnhardt

Berlin: edition q 1997; 328 S.; 2. Aufl.; hardc., 48,- DM; ISBN 3-86124-323-7
Reschin beabsichtigt keine Biographie des Feldmarschalls. Er sieht seine Aufgabe darin, bislang geheime Aufzeichnungen und Berichte über Paulus und seine Situation als Gefangener vorzulegen. Reschin kommentiert die Dokumente sehr zurückhaltend und überläßt es dem Leser, sich eine Meinung zu bilden. Paulus, einer der wenigen deutschen Offiziere, die von der UdSSR nicht als Kriegsverbrecher abgeurteilt wurden, hatte eine privilegierte Stellung, die sich auch nicht änderte, als er für die sowjetischen Machthaber keinen Nutzen mehr hatte. Der Generalfeldmarschall diente einerseits als Galionsfigur im Rahmen der Propaganda gegen Hitler (Bund Deutscher Offiziere, Nationalkomitee Freies Deutschland), andererseits fungierte er als Informant z. B. über die voraussichtlichen Spitzenmilitärs in den neuen westdeutschen Streitkräften (u. a. Heusinger und Speidel). Die Dokumente zeigen den Wandel eines Nur-Soldaten zu einem Militär, dem sich langsam auch die politischen Dimensionen eröffnen, wenn er sie auch durch die stalinistisch gefärbte und zensierte Brille wahrnimmt. Als Paulus 1953 in die DDR "repatriiert" wurde, war er für die Moskauer Führung politisch längst unbrauchbar geworden. Für das Ulbricht-Regime und die Wiederbewaffnung spielte der 1957 in Dresden verstorbene Paulus keine Rolle mehr.
Axel Gablik (AG)
Dr., Historiker.
Rubrizierung: 2.31 Empfohlene Zitierweise: Axel Gablik, Rezension zu: Leonid Reschin: Feldmarschall im Kreuzverhör. Berlin: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/5488-feldmarschall-im-kreuzverhoer_7174, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 7174 Rezension drucken
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