/ 22.06.2013
Helge Schwiertz
Foucault an der Grenze. Mobilitätspartnerschaften als Strategie des europäischen Migrationsregimes
Berlin: Lit 2011 (Politische Theorie 16); 228 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-643-11150-0Die Regulierung von Migration durch die Europäische Union (EU) wird gemeinhin als politisch notwendig betrachtet. Schwiertz stellt diese Gewissheit infrage, seine Studie lässt sich insofern innerhalb der kritischen Migrationsforschung verorten. Allerdings beschränkt er sich nicht auf eine Kritik der konkreten Migrationspolitik der EU. Vielmehr versucht er im Rückgriff auf die Diskurs- und Machttheorie Foucaults die „politische Rationalität des Managements“ (202), die der Steuerung von Migration zugrunde liegt, zu dekonstruieren. Im Zentrum der Analyse stehen die Diskurse über die Mobilitätspartnerschaften zwischen der EU und den Nicht-EU-Staaten. Schwiertz begreift die bilateralen Abkommen als eine „Kooperationsmaschine“, die „Drittstaaten als tendenziell gleichgesinnte Akteure in das europäische Migrationsregime integriert“ (17). Sie dienen der Abwehr illegaler Migranten und der Erleichterung der legalen Migration Hochqualifizierter und entpuppen sich somit als eine Kernstrategie des neoliberalen Migrationsregimes der EU. Schwiertz zeigt, dass ihre Legitimität auf den Diskursen des Grenzschutzes, des Arbeitsmarktes und der sozioökonomischen Entwicklung beruht, die Migration als Gefahr und als eine nützliche, ökonomisch verwertbare Ressource konstruieren. Der Autor entgeht dem Vorwurf der theoretischen Überfrachtung bei geringem Erkenntnisgewinn, der poststrukturalistisch informierten Forschungsansätzen oftmals entgegengebracht wird, in zweifacher Hinsicht. Zum einen erlaubt die Foucault’sche Perspektive, die Mobilitätspartnerschaften „zugleich als Effekt und als Antrieb der Dispositive der europäischen Migrationskontrolle“ (107) zu verstehen und auf ihre Machteffekte zu untersuchen. Zum anderen führt die Analyse des Migrationsdispositivs, wenn sie mit den radikaldemokratischen Staatsbürgerschaftskonzepten Rancières und Balibars artikuliert wird, zu einer politisch wirksamen Kritik des europäischen Migrationsmanagements. Schwiertz leistet somit einen originellen Beitrag zur Migrationsforschung und zur kritischen Politikwissenschaft.
Marius Hildebrand (HIL)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.42 | 3.6 | 3.5 | 5.42
Empfohlene Zitierweise: Marius Hildebrand, Rezension zu: Helge Schwiertz: Foucault an der Grenze. Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/33984-foucault-an-der-grenze_40727, veröffentlicht am 30.06.2011.
Buch-Nr.: 40727
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M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg.
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