/ 04.06.2013
Joachim C. Fest
Fremdheit und Nähe. Von der Gegenwart des Gewesenen
Berlin: Ullstein 1998; 268 S.; 24,90 DM; ISBN 3-548-26530-8Fest, emeritierter Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und noch immer maßgeblicher Hitlerbiograph, wartet mit seiner Spätlese auf. Eine Sammlung von Essays zu Themen, die zunächst sehr unterschiedlich scheinen: von der Kunst der Farnese bis Heinrich Himmler als nationalsozialistischem Utopisten. Anstoß ist der Umbruch der Jahre 1989/90, und die ihr folgende "nahezu geschichtslose Zeit" (letzte Umschlagseite), die von Wertverlust ebenso geprägt sei wie von geschichtlichen Erfahrungen, die mythisch übermächtig, intellektuell aber nur begrenzt verarbeitet seien. So geht es Fest einerseits um eine ausdrücklich ideologieferne Nutzbarmachung der totalitären Erfahrung, die nach seiner Meinung vor allem mit der Figur Hitlers seit Jahrzehnten die Geschichte der Bundesrepublik prägt, andererseits um Ansätze einer neuen wertkonservativen Anthropologie, die jene Erfahrungen als Anlaß zum Grundzweifel am Menschlichen hat. Die "Gegenwart des Gewesenen" erscheint so als der bekannte "Gegenwartsbezug" der Historiographie, in der ausdrücklich gewünschten "Historisierung" realisiert und anwendbar vergegenwärtigt.
Inhalt: Vorstellung bei der Akademie. Wege und Umwege; Allessandro Farneses Caprarola. Kastell und humanistisches Märchenschloß (1992); Goethes Fremdheit und Nähe. Eine Rede in Weimar; Der Süden als der Tot von Allem. Richard Wagner und Italien (1989); Kein Ende der Affäre mit Gott. Versuch über Graham Greene (1982); Würde auf engstem Raum. Chronist des Übergangs: Ernst Jünger (1995); "Mit der ganzen Vehemenz, die dem Extrem innewohnt". Hitlers Krieg (1990); Die andere Utopie. Eine Studie über Heinrich Himmler; Zeitgenosse Hitler. Eine Nachschrift (1995); Das verweigerte Vermächtnis. Gedanken zum Staatsreich des 20. Juli 1944; Schweigende Wortführer. Überlegungen am Ende des Jahres 1989 (1989); Zwischen Westen und Nirgendwo. Über die Wanderung des deutschen Sonderbewußtseins (1992); Das nie endende Menetekel der Geschichte. Betrachtung über Bernhard Heisig (1995); Um einen Wagner von Außen bittend. Zur ausstehenden Wirkungsgeschichte eines Großideologen (1994); Luxemburger Impromptu. Glocken für Horst Janssen; "Wunderlicher Lebenstraum ... bald ausgeträumt". Über den letzten Band der Tagebücher Thomas Manns (1995).
Deliana Popova (DP)
Dipl.-Politologin.
Rubrizierung: 2.1 | 2.3 | 2.312
Empfohlene Zitierweise: Deliana Popova, Rezension zu: Joachim C. Fest: Fremdheit und Nähe. Berlin: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/5416-fremdheit-und-naehe_7094, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 7094
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Dipl.-Politologin.
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