Titel wie "Der aristotelische Sozialdemokratismus" wirken nicht nur befremdlich, sie sollen offenbar auch die Aufmerksamkeit und den Widerspruchsgeist der Leser wecken. Nussbaum argumentiert in aristotelischer Tradition für eine liberale Theorie des Guten, die aus spezifischen Eigenschaften des Menschen universalistischen Anspruch ableitet. In ihrer sensiblen und auch kritischen Einleitung (7-23) hat Pauer-Studer dies auf den Punkt gebracht: "Ihr Ziel ist die Ausarbeitung einer Theorie, die dem Umstand Rechnung trägt, daß spezifische Bedingungen unseres Menschseins - daß wir etwa verletzbare Wesen mit einer begrenzten Lebenszeit sind, deren Überleben von einer Reihe externer Faktoren abhängt - für die Ethik und moralische Ansprüche und Verpflichtungen relevant sind. Ihre Lösung besteht darin, daß sie den Verweis auf die menschliche Natur zunächst mit der epistemologischen Position eines internen Realismus kombiniert und in einem zweiten Schritt argumentiert, daß der Begriff nur in einer normativen Interpretation zugänglich und zulässig ist." (10) Damit eckt Nussbaum gleich mehrfach an; ihr Ansatz unterscheidet sie von Rawls ebenso wie von Weberschen Empirismen, von postmodernen wie von kommunitaristischen Relativismen. Tugenden statt Moral, Anthropologie statt Regeln - auch der kritische Leser wird angeregt sein, und sei es "nur" zum Widerspruch. Inhalt: Der aristotelische Sozialdemokratismus (1990); Die Natur des Menschen, seine Fähigkeiten und Tätigkeiten: Aristoteles über die distributive Aufgabe des Staates (1988); Gefühle und Fähigkeiten von Frauen (unveröff. Vortrag 1993); Menschliche Fähigkeiten, weibliche Menschen (unveröff. Vortrag 1993); Nicht-relative Tugenden: Ein aristotelischer Ansatz (1993).