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/ 05.12.2013
Arnd Koch / Matthias Rossi (Hrsg.)

Gerechtigkeitsfragen in Gesellschaft und Wirtschaft. 40 Jahre Juristische Fakultät Augsburg

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Augsburger Rechtsstudien 75); 260 S.; 69,- €; ISBN 978-3-8487-0436-1
Aus Anlass seines 40‑jährigen Bestehens hat der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Augsburg ein Symposium veranstaltet, dessen Vorträge in diesem Band versammelt sind und der, das lässt sich selten eindeutig festhalten, signifikante Beiträge zu politiktheoretischen, politisch‑philosophischen sowie politisch‑ökonomischen Debatten der jüngeren Zeit enthält. Deren inhaltliche Bandbreite ist überaus weit gefächert und reicht von der derzeit nahezu allgegenwärtigen Debatte über die Generationengerechtigkeit und Aspekten sozialer Verantwortung von Unternehmen (Corporate Social Responsibility) bis hin zu einer grundsätzlichen, international vergleichenden Aufarbeitung der Diskussion über die Anwendung der Todesstrafe. In seinem beeindruckenden Beitrag weist Arnd Koch zunächst auf den Umstand hin, dass die Bundesrepublik – und mit ihr viele Staaten Europas – die Todesstrafe erst in vergleichsweise jüngerer Vergangenheit geächtet hat. Dem Vorbild der Bundesrepublik sind seit den 1970er‑Jahren zahlreiche Staaten gefolgt, sodass sie heute nur noch in 56 (statt zu Beginn der 1970er‑Jahre in circa 200) Staaten angewandt wird. Während in Deutschland unmittelbar 1945 trotz der Verbrechen des Nationalsozialismus die Todesstrafe akademisch nicht weiter problematisiert und auch von der Bevölkerung akzeptiert worden sei, so Koch, habe sich der Parlamentarische Rat in einer „überraschend eindeutigen“ (171) Abstimmung mit 47:15 Stimmen gegen diese ausgesprochen. Zu Recht: „Die Todesstrafe ist keine gerechte Strafe, sie ist unmenschlich, sie verhindert keine Verbrechen und sie brutalisiert die Gesellschaft.“ (190) Abzuwarten bleibt, wann sich diese Einsicht auch in den USA und in China durchsetzt. Michael Kort thematisiert in seinem Beitrag ein anderes kontroverses Problem: Erstreckt sich das Unternehmensinteresse nur auf das Unternehmen und seine Anteilseigener oder ist der Begriff als weiter reichend zu verstehen? Dass das Gemeinwohl auch aus Unternehmenssicht einer Betrachtung lohnt, folgt dabei – gerade heute – nicht aus dem Gesetz. Es zu ignorieren, wäre, da ist sich Kort sicher, jedoch auch keine Option: „Soziale Aktivitäten [müssen] im allerdings weitesten Sinn potentiell unternehmenswertsteigernd sein: Ethik muss sich lohnen, lohnt sich oft aber auch.“ (204) Der Band lebt von der gegenwartsbezogenen Kontroverse und ist trotz des rechtswissenschaftlichen Stils auch für Politikwissenschaftler_innen hochgradig relevant – und spannend.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 1.35.425.442.212.323.12.68 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Arnd Koch / Matthias Rossi (Hrsg.): Gerechtigkeitsfragen in Gesellschaft und Wirtschaft. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36480-gerechtigkeitsfragen-in-gesellschaft-und-wirtschaft_44411, veröffentlicht am 05.12.2013. Buch-Nr.: 44411 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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