/ 03.06.2013
Rudolf Burger / Hans-Dieter Klein / Wolfgang H. Schrader (Hrsg.)
Gesellschaft, Staat, Nation
Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1996 (Veröffentlichungen der Kommission für Philosophie und Pädagogik 26); 257 S.; brosch., 82,- DM; ISBN 3-7001-2579-8Mit seinen "Reden an die deutsche Nation" hatte Johann Gottlieb Fichte versucht, in der "verspäteten" deutschen Nation ein kulturell begründetes Nationalbewußtsein wachzurufen, das zum Kampf gegen die Napoleonische Fremdherrschaft ermutigen sollte. Seither wird Fichtes Ansinnen gern als nationalistisch, sein Denken von daher als Mitursache für den völkischen Wahn der Nationalsozialisten gedeutet. Das Verhältnis von Gesellschaft, Staat und Nation bei Fichte differenzierter zu betrachten, unternehmen die meisten der in diesem Band versammelten Aufsätze, die anläßlich einer 1993 in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften veranstalteten Konferenz über die politische Philosophie Fichtes verfaßt wurden.
Abgesehen von einigen thematisch herausfallenden Beiträgen (z. B. über Wilhelm von Humboldt oder das mexikanische Nationalbewußtsein) dient Fichtes politische Philosophie den Autoren als Grundlage für eine "kritische Neudiskussion des Nationalbegriffs" (6), deren Brisanz die Herausgeber angesichts der neuerwachten Nationalismen der ehemaligen Ostblock-Staaten besonders betonen.
Inhalt: Wolfgang H. Schrader: Zum Verhältnis von Staat und Nation im Spätwerk J. G. Fichtes (7-18); Hans-Dieter Klein: Nationalismus und partikularer Geist (19-26); Anton Pelinka: Zur intellektuellen Widersprüchlichkeit des ethnischen Nationsbegriffes (27-33); Rudolf Burger: Patriotismus und Nation (35-46); Klaus Hammacher: Vom Gottesstaat zum Nationalstaat (47-62); Klaus Vieweg: Jenseits von Nationalwahn und schwärmerischem Kosmopolitismus - Zum Problem der Zusammenstimmung von Nationalem und Europäisch-Weltbürgerlichem (63-76); Jochen Hennigfeld: Volk, Staat und Nation bei Wilhelm von Humboldt (77-90); Wilhelm Lütterfelds: Die idealistische Anerkennung des Fremden - Eine Praxis der Konfliktlösung? (91-110); Hans Buchheim: Der neuzeitliche Staat und die heute bestehenden Möglichkeiten politischer Staatenverbindungen (111-118); Herbert Frey: Zur Entstehung des mexikanischen Nationalbewußtseins (119-131); Wolfgang Seiffert: Selbstbestimmungsrecht und deutsche Vereinigung - Auswirkungen auf Osteuropa (133-139); Marion Heinz: Herders Volksbegriff zwischen Lebensmetaphysik und Humanitätsidee (141-158); Richard Schottky: Fichtes Nation-Begriff 1806 bis 1813 - Innenspannung und Entwicklung (159-184); Peter L. Oesterreich: Das dynamische Verhältnis von Kultur- und Staatsnation. Grundfiguren des politischen Denkens bei Fichte und Schelling (185-199); Erich Fuchs: Spuren Fichteschen Denkens in der deutschen Nationalbewegung 1819-1871 (201-235); Otto Dann: Der soziale Standort des Gelehrten nach Johann Gottlieb Fichte (237-257).
Barbara Zehnpfennnig (BZ)
Prof. Dr., Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, Universität Passau.
Rubrizierung: 5.4 | 5.33 | 2.311 | 2.2 | 2.23
Empfohlene Zitierweise: Barbara Zehnpfennnig, Rezension zu: Rudolf Burger / Hans-Dieter Klein / Wolfgang H. Schrader (Hrsg.): Gesellschaft, Staat, Nation Wien: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2838-gesellschaft-staat-nation_3742, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 3742
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Prof. Dr., Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, Universität Passau.
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