Mit Kolb legt einer der vortrefflichsten Kenner der Weimarer Republik eine biografische Skizze zum Leben des vielleicht bedeutendsten deutschen Politikers der Zwischenkriegszeit vor. Gustav Stresemann stammte aus einfachen Verhältnissen und erarbeitete sich seine berufliche Stellung aus eigener Kraft. Im Jahre 1901 promoviert, trat der knapp dreiundzwanzigjährige Nationalökonom als Syndikus eines rasch wachsenden regionalen Wirtschaftsverbandes ins Berufsleben; mit 28 Jahren wurde er Stadtverordneter in Dresden und nur wenig später zog er als jüngster Abgeordneter in den Reichstag ein. Auf knappem Raum zeichnet Kolb die Entwicklung des Politikers in der ausgehenden Kaiserzeit nach und setzt sich intensiv mit den annexionistischen Verirrungen des Kriegszielprogramms Stresemanns im Ersten Weltkrieg auseinander. Den Schwerpunkt der Darstellung legt der Kölner Historiker dabei auf die Rolle Stresemanns bei der Gründung der Deutschen Volkspartei (DVP) 1918, seine kurze Kanzlerschaft im Krisenjahr der jungen Republik (1923) und vor allem seine Funktion als Außenminister von 1923 bis 1929. Angesichts seiner sich über mehrere Kabinette erstreckenden Zeit als Außenminister vermochte Stresemann wie kaum ein anderer Kontinuität und Berechenbarkeit seiner Politik, die er selbst als „nationale Realpolitik" bezeichnet hat, zu gewährleisten. Dass es ihm gelungen war, das Verhältnis des Reiches zu den Siegermächten zu normalisieren, zählt Kolb auch zu den entscheidenden Erfolgen Stresemanns, die sich allerdings nach seinem frühen Tod 1929 rasch als brüchig erweisen sollten.