/ 24.03.2016

Claudia Equit / Christoph Hohage (Hrsg.)
Handbuch Grounded Theory. Von der Methodologie zur Forschungspraxis
Weinheim/Basel: Beltz Juventa 2016; 511 S.; geb., 39,95 €; ISBN 978-3-7799-3296-3Ein Handbuch zu einem derart „weiten Feld variierender und durchaus widersprüchlicher Interpretationen“ (40) der Grounded Theory, der weltweit am häufigsten angewendeten qualitativen Forschungsmethodologie, sowohl für Erstanwender_innen als auch erfahrende Forscher_innen zu schreiben, ist kein einfaches Unterfangen. Trotzdem gelingt ein fundierter, wenn auch mehr für Erfahrene geeigneter Einblick. Ein bisher nicht veröffentlichtes Kapitel der Gründerväter Anselm Strauss und Juliet Corbin bereichert dabei durch begriffliche Definitionen, insbesondere bezüglich der Auseinandersetzung mit dem „Pragmatismus“ (insbesondere 137 ff.). Im Anschluss an die grundlegenden, je nach Theorieschule (Systemtheorie, Konstruktivismus) variierenden epistemologischen Grundlagen gelingt eine gute Verbindung zur Methodologie der Grounded Theory. Dabei stechen die beiden Beiträge von Jan Kruse durch die Verbindung von Theorie und Forschungsbeispiel heraus. Insgesamt ist in dem Band die Verbindung zwischen Soziologie, Ethnografie oder Biografieforschung von besonderer Bedeutung, neben der voranschreitenden Ausdifferenzierung der Grounded Theory zeigen sich so auch die Chancen der Zusammenarbeit. Dabei haben die Herausgeber_innen und Autor_innen den Zeitgeist gegen sich – die vorherrschende Meinung, quantitative Sozialforschung sei der systematischere empirische Zugang und deswegen universal anwendbar, widerlegen sie mit vielen forschungspraktischen Beispielen. Mit ihren Beiträgen eruieren sie den Raum, in dem ein qualitativer Zugang sinnvoll ist oder gar der einzige sein kann, besonders mit Blick auf die Deutung sozialen Handelns, das nach Max Weber Kerndefinitionskategorie der Soziologie ist. In diesem Zusammenhang stehen beispielhaft die Beiträge von Ursula Unterkofler, die zu Gewalt in der Jugendarbeit mithilfe der „Feldrolle“ (299) forschte, sowie Maya Halatcheva‑Trapp, die bei einer Familienberatung diskursanalytisch Deutungsmuster von „Elternschaft“ (373) untersuchte. Nach der Vorstellung konkreter Forschungsprojekte geht es abschließend um die (auch computerbasierte oder videogestützte) Gestaltung des Forschungsprozesses, die exemplarisch vorgestellt wird. Dies und die Präsentation weiterer hilfreicher Vorschläge sind insbesondere für Erstanwender_innen und Studierende interessant. Somit bietet das Handbuch eine gelungene Einführung.
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Rubrizierung: 1.2 Empfohlene Zitierweise: Christian Heuser, Rezension zu: Claudia Equit / Christoph Hohage (Hrsg.): Handbuch Grounded Theory. Weinheim/Basel: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39561-handbuch-grounded-theory_48061, veröffentlicht am 24.03.2016. Buch-Nr.: 48061 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenCC-BY-NC-SA