/ 16.01.2014
Martin Wiebel (Hrsg.)
Hannah Arendt. Ihr Denken veränderte die Welt. Das Buch zum Film von Margarethe von Trotta
München/Zürich: Piper 2013; 252 S.; kart., 9,99 €; ISBN 978-3-492-30175-6Das filmische Porträt Hannah Arendts als politische Theoretikerin, Philosophin und unbequeme Denkerin, das auf ihre Auseinandersetzung mit dem Eichmann‑Prozess (in „Eichmann in Jerusalem“) konzentriert ist, wird in diesem Sammelband unterfüttert. Von Drehbuchszenen strukturiert und gelenkt, greift er die Debatten um die Figur Eichmanns, das Gericht in Jerusalem und die Rolle der Judenräte bei der Organisation der Shoa noch einmal auf. Dargestellt werden zudem Entstehungsgeschichte und filmische Umsetzung des Projekts, die Entwicklung des Drehbuchs oder die Verve Barbara Sukowas, die Figur Hannah Arendt mit Leben zu füllen. Sukowa berichtet von der Furcht vor großen Schuhen, die es zu füllen galt, ebenso aber von der Lebendigkeit einer radikalen und kompromisslosen Protagonistin. Die umfangreichere Sequenz widmet sich dem Eingeständnis Martin Wriebels, die Begriffsbildung von der Banalität des Bösen in der Person Eichmanns noch einmal zu durchdenken, denn: „Er hat ein losgelöstes Eigenleben entwickelt, und durch seine tausendfache Verwendung und kolportagehafte Verkürzung scheint der Begriff selbst schon banal geworden zu sein.“ (15) Im Sinne des Dramaturgen Wriebel sollte der biografische Film auch die dahinter stehende Zivilcourage der im Persönlichen manchmal schwer verstehbaren Arendt widerspiegeln. Ernst Vollrath betont in seinem Beitrag das Konzept einer Kultur des Politischen bei Arendt, die das Politische und das Totalitäre im Sinne der Freiheit zu trennen wisse. Jenem Begriff der Politik, der die menschliche Freiheit zum Denken und Handeln manifestiere, liege die Einschätzung zugrunde, Eichmanns Banalität sei seine Unfähigkeit zu denken. Auch Mary McCarthys Furor der ethischen Verantwortung bei Arendts Eichmann‑Auseinandersetzung ist abgedruckt. Dennoch diskutiert der Band die Grenzen der Arendt‘schen Eichmann‑Beschreibung zu wenig, kann diese den Schreibtischtäter als Befehlsempfänger in seiner Verteidigungsstrategie doch nur unzureichend hinterfragen. Nebengedanken oder Seitenblicke, die der Film verschweigen muss, hätten Anlass zur Betrachtung geboten.
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Rubrizierung: 5.46
Empfohlene Zitierweise: Ellen Thümmler, Rezension zu: Martin Wiebel (Hrsg.): Hannah Arendt. München/Zürich: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36603-hannah-arendt_43160, veröffentlicht am 16.01.2014.
Buch-Nr.: 43160
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