/ 05.06.2013
Ian Kershaw
Hitler 1889-1936. Aus dem Englischen von Jürgen Peter Krause und Jörg W. Rademacher
Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998; 972 S.; geb., 88,- DM; ISBN 3-421-05131-3"Bis vor wenigen Jahren hatte ich nie daran gedacht, eine Hitler-Biographie zu schreiben. Schließlich gab es eine Reihe aus meiner Sicht hochrangiger Biographien." (7) Kershaw versteht seine Absicht und seinen Ansatz nicht als Kritik an den von ihm gelobten Biographen Hitlers, wie Bullok und Fest. Gründe für eine neue Biographie sieht Kershaw nicht nur in der neuen Fülle von Sekundärliteratur und dem Bedarf nach Neubewertung der Primärquellen: Als ausgewiesener Sozialwissenschaftler versucht er, Strukturgeschichte und Biographie in Einklang zu bringen. Und bezogen auf diesen ersten Band seiner auf zwei Bände angelegten Hitler-Biographie ist ihm dieses Zusammenspiel sehr gut gelungen. Kershaw unterläßt es, in Hitler von Anfang an den künftigen Diktator zu sehen, ihn gewissermaßen vom Ende her zu betrachten. Er beschreibt einen Hitler, der sich in einer Lebenslüge verkriecht, vielleicht bedingt durch die familiären Umstände, sicher auch durch die Abneigung gegenüber dem schmalspurigen Beamtentum des Vaters. Befreiend ist der Erste Weltkrieg in zweierlei Hinsicht: Hitler wird aus seinem bisherigen Dahintreiben gerissen und steht 1918 vor der Frage, entweder wieder dort weiterzumachen, wo er 1914 stand, oder aber etwas Neues zu beginnen. Der schon in Wien durch seine ausufernden politisierenden Monologe im Männerheim aufgefallene Hitler drängt in die Politik, verarbeitet und vermengt seine Wiener und Münchener Eindrücke in eine antisemitische und antibolschewistische Ideologie, die damals keineswegs einzigartig war. Es folgen der November 1923 und der Neubeginn; dieses Mal konsequent auf seine Person ausgerichtet. Die Zweiteilung der Biographie macht insofern Sinn, als Kershaw in diesem ersten Band den Aufsteiger Hitler in den Mittelpunkt stellt, der nach 1933 seine Macht innenpolitisch festigen und ausbauen muß und außenpolitisch erst 1935 u. a. mit dem Einmarsch in das entmilitarisierte Rheinland einen wesentlichen Teil des Versailler Friedensschlusses revidiert hat.
Inhalt: Betrachtungen zu Hitler; I. Phantasien und Fehlschläge; II. Der Aussteiger; III. Begeisterung und Verbitterung; IV. Entdeckung einer Begabung; V. Der Bierkelleragitator; VI. Der "Trommler"; VII. Der Auftritt des "Führers"; VIII. Auf dem Weg zur Beherrschung der "Bewegung"; IX. Der "Durchbruch"; X. An die Schalthebel der Macht "gehievt"; XI. Auf dem Weg zum Diktator; XII. Sicherung der totalen Macht; XIII. "Dem Führer entgegen arbeiten".
Axel Gablik (AG)
Dr., Historiker.
Rubrizierung: 2.312
Empfohlene Zitierweise: Axel Gablik, Rezension zu: Ian Kershaw: Hitler 1889-1936. Stuttgart: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/6475-hitler-1889-1936_8788, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 8788
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Dr., Historiker.
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