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/ 05.06.2013
John Weitz

Hitlers Bankier - Hjalmar Schacht. Aus dem Amerikanischen von Renate Weitbrecht und Helmut Dierlamm

München/Wien: Europa Verlag 1998; 479 S.; geb., 49,80 DM; ISBN 3-203-84003-0
Die Biographie wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet. Vor allem: Wieso hat der von Weitz als intelligent, vorausschauend und kritisch beschriebene Schacht den Aufsteiger Adolf Hitler in finanzpolitischen und wirtschaftlichen Fragen schon vor der Machtergreifung unterstützt? Wieso übernahm der Bankier ein Ministeramt? Später hat Schacht mit seiner Nähe zum Widerstand argumentiert, fand auch hier seine Entlastungszeugen vor dem Nürnberger Tribunal. Weitz schreibt, Schacht habe Hitler bewundert und sei daher für ihn tätig geworden. Diese Bewunderung scheint aber bei Schacht ihren Maßstab in der persönlichen Eitelkeit gefunden zu haben, die Weitz zwar nicht unerwähnt läßt, aber nicht als Triebfeder Schachts bezeichnet. Dessen bemerkenswerte Karriere als Bankmann hatte schon vor dem Ersten Weltkrieg begonnen. Während der Hyperinflation von 1923 gewann er internationale Beachtung und Respekt, und er wurde im Anschluß daran nicht nur in der deutschen Finanzwelt hofiert. Als ernstzunehmender Kritiker der Reparationszahlungen blieb er weiterhin im Gespräch. Nach seinem Rücktritt als Reichsbankpräsident privatisierte Schacht, kam in politische Nähe zur NSDAP und Hitler. Spätestens ab 1932 hat Schacht Hitler in wirtschaftlichen Fragen beraten, weniger aus politischer Überzeugung als vielmehr aus der Erkenntnis, er könne diese Tätigkeit besser leisten als Hitler selbst oder dessen Ratgeber. Sein Ausscheiden als Minister geht auch nicht auf einen politischen Dissens zurück, sondern auf eine wirtschaftliche Maßnahme (Veränderung des Wechselkurses zwischen Reichsmark und österreichischem Schilling), die Schacht ablehnte. Ob er den "neuen Kurs" anfänglich nur deshalb unterstützte, weil auch andere konservative Männer wie Papen Hitler folgten, mag dahin gestellt sein, jedenfalls kann dieses Argument spätestens nach 1934 nicht mehr gelten. Schacht hat später zweifellos Verbindungen zum Widerstand besessen, aber ohne politische Ambition. Es ist eine Ironie der Geschichte, daß Schacht, der die Wiederaufrüstung der Reichswehr/Wehrmacht finanzierte und damit erst ermöglichte, das Kriegsende als prominenter Häftling des NS-Regimes erlebte, allerdings in privilegierter Stellung. Weitz hat in seiner Darstellung auf Quellenstudien verzichtet und sich hauptsächlich auf Schachts Memoiren gestützt. Sieht man einmal ab von den historischen Ungenauigkeiten und Irrtümern in der Beschreibung der politischen Geschichte, so konnte es Weitz aufgrund der dünnen Literaturlage kaum gelingen, etwas Neues über den von ihm bewunderten Helden Schacht zu entdecken.
Axel Gablik (AG)
Dr., Historiker.
Rubrizierung: 2.3122.311 Empfohlene Zitierweise: Axel Gablik, Rezension zu: John Weitz: Hitlers Bankier - Hjalmar Schacht. München/Wien: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/7892-hitlers-bankier---hjalmar-schacht_10466, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 10466 Rezension drucken
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