Skip to main content
/ 17.06.2013
Michael Rißmann

Hitlers Gott. Vorsehungsglaube und Sendungsbewußtsein des deutschen Diktators

Zürich: Pendo Verlag 2001; 313 S.; geb., 24,54 €; ISBN 3-85842-421-8
Der Klappentext verspricht eine bahnbrechende Studie über Hitlers Religiosität, und da Hitlers Gottesvorstellung trotz seiner fortwährenden Berufung auf die "Vorsehung" in der Forschung bislang eher vernachlässigt wurde, wäre eine solche Studie möglich und nützlich. Rißmann behandelt das Thema in vier Teilen: In den beiden ersten, die zwischen der Zeit vor und nach der Machtergreifung unterscheiden, trägt er eine Vielzahl von Äußerungen Hitlers zu seinem Gottesverständnis zusammen. Im dritten Teil behandelt er mögliche Einflüsse auf dieses Verständnis und wendet sich insbesondere gegen die These, dass Hitler okkultistischen Richtungen nahegestanden hätte. Der letzte Abschnitt widmet sich der Kritik verschiedener Deutungen von Hitlers Religiosität, allem voran dem Konzept der politischen Religion. Damit endet das Buch, und wer eine eigene Deutung des Autors erwartet hatte, wird enttäuscht. Doch eine solche kann Rißmann nicht bieten, weil er sich durch eine methodische Vorentscheidung am Beginn seiner Studie den Weg dahin verbaut hat. Die Analyse von Hitlers Gottesverständnis, so wird in der Einleitung verdeutlicht, dürfe nicht als eine Auseinandersetzung mit Hitlers Denken verstanden werden. Die "intellektuelle Dürftigkeit" dieses Denkens verbiete die Anwendung der klassischen geistesgeschichtlichen Methode, "Ideen durch kommentierende Be- und Umschreibung ihrer Argumente und Schlüsse nachzuzeichnen" (23): "Hitler findet man nicht im Gedanken, sondern in der Sprache." (23 f.) Folgerichtig werden viele - durchaus interessante - Zitate zusammengetragen, ohne konsequent nach dem inneren Zusammenhang von Hitlers Gottesverständnis zu fragen. Hitlers Gott bleibt somit blass, die Bedeutung seiner Religiosität für die nationalsozialistische Ideologie unklar, die Ausgangsfrage unbeantwortet. Das Gottesverständnis zu untersuchen, ohne sich auf die Ideen und auf die - mörderische! - Rationalität von Hitlers Ideologie einzulassen, produziert am Ende viel Sprache und wenig Gedanken.
Hendrik Hansen (HH)
Dr., Lehrbeauftragter, Politische Theorie und Ideengeschichte, Universität Passau.
Rubrizierung: 2.312 Empfohlene Zitierweise: Hendrik Hansen, Rezension zu: Michael Rißmann: Hitlers Gott. Zürich: 2001, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/15440-hitlers-gott_17581, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 17581 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA