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/ 20.03.2014
Manfred E. Streit

Hommage für F. A. Hayek. Anmerkungen und Anregungen

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Jenaer Beiträge zur Ökonomik. Contributiones Jenenses 16); 179 S.; 39,- €; ISBN 978-3-8487-0129-2
Der Band enthält eine Reihe von Aufsätzen Manfred Streits, in denen er sich mit verschiedenen Aspekten des Wirkens von Friedrich August von Hayek auseinandersetzt. Auch wenn einige – insbesondere dem gegenwärtig dominanten Neoliberalismus skeptisch gegenüberstehende – Stimmen in Zweifel ziehen würden, dass von Hayek gerade heute eine Hommage gebührt, so sind dessen erkenntnistheoretischen und verfassungsrechtlichen Überlegungen – die die Aufsätze des Bandes schwerpunktmäßig behandeln – durchaus für eine gegenwartsdiagnostisch interessierte Politikwissenschaft von Belang. Erkenntnistheoretisch ist von Hayeks Kritik der Neoklassik zentral, wonach deren Gleichgewichtstheorie nicht in der Lage sei, „zur Erklärung der Koordination von Handlungen dezentraler, autonomer ökonomischer Entscheidungsträger beizutragen“ (22). Stattdessen, so sein Vorschlag, sei der Wettbewerb – und damit der Markt und der Preis von Gütern – selbst ein heuristisches Prinzip, das es aus der Bottom‑up‑Perspektive und noch dazu permanent erlaube herauszufinden, was relevant und erstrebenswert sei. In verfassungsrechtlicher Hinsicht widmet sich Streit unter anderem von Hayeks Analysen des demokratischen Rechtsstaats. Dieser zeichne sich, so von Hayek, durch Isonomie aus: „Rechtsstaatlichkeit ist durch ein zentrales ordnungsrelevantes Prinzip gekennzeichnet, die Gleichheit der Gesetze für alle Personen und Fälle“ (156). Wohlfahrtsstaaten, so seine Kritik, hätten diese zentrale Regel mehrfach durchbrochen, indem sie Überlegungen zur Umsetzung sozialer Gerechtigkeit dem Prinzip der Isonomie vorgezogen hätten. Erstens greift diese Kritik in eklatanter Weise zu kurz, denn Isonomie ist – wie alle anderen ‚Prinzipien’ auch – nie Selbstzweck, sondern ruht ihrerseits auf Gründen, die in der politischen Öffentlichkeit der repräsentativen Demokratie zur Diskussion stehen. Soziale Gerechtigkeit kann ein Grund für Gleichbehandlung vor dem Gesetz sein. Nur Gleichbehandlung von wem oder wo auch immer ist – zweitens – so radikal vereinfachend und funktionalistisch gedacht, dass sich damit vielleicht ein Computerprogramm in seinen Abläufen erklären lässt, nicht aber eine Gesellschaft. Insofern die Aufsätze diese Radikalität des Denkens von Hayeks immer wieder aufblitzen lassen, ist der Band für die gegenwärtige Debatte zur Hegemonie des Neoliberalismus – den von Hayek über die Mont Pélerin Society maßgeblich mit inspiriert hat – eine Bereicherung.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.465.43 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Manfred E. Streit: Hommage für F. A. Hayek. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36883-hommage-fuer-f-a-hayek_45009, veröffentlicht am 20.03.2014. Buch-Nr.: 45009 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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