Honecker sei von seinem Selbstverständnis her kein Diktator gewesen, schreibt Völklein, ehemaliger Redakteur der „Zeit" und heute freier Autor, sondern ein Mensch, „der mit beinahe religiöser Inbrunst an eine Ideologie glaubte" (13). Diese habe sich allerdings nur mithilfe sowjetischer Soldaten und auf Kosten der bürgerlichen Freiheitsrechte durchsetzen lassen. Anspruch und - oftmals nicht wahrgenommene - Wirklichkeit durchziehen als ständige Gegensätze die politische Biografie des ehemaligen Staats- und Parteichefs der DDR. Völklein ordnet in seiner gründlich recherchierten Arbeit das Leben Honeckers in die Zeitgeschichte ein, verknüpft dessen Kindheit mit den sozialen Zuständen jener Zeit, in der Armut, harte Arbeit und Krankheiten das Leben einer großen Mehrheit der deutschen Kinder prägten. Völklein erklärt nachvollziehbar, wie und warum Honecker so dachte wie er es tat. Gleichzeitig zeigt er immer wieder Gelegenheiten im Leben Honeckers, bei denen dieser seine Meinung hätte überprüfen können. Aber Starrsinn und eine ungebildete religiöse Hingabe an die Lehren des Marxismus, der längst zum Stalinismus geworden war, verhinderten dies. Völklein stützt sich neben der Literatur und den Aussagen von Zeitzeugen auch auf die Ermittlungs- und Gerichtsakten in der „Strafsache gegen Honecker und andere" sowie auf Unterlagen der Gauck-Behörde und aus dem Archiv der KPdSU. Dabei bleiben auch gleich solche Legenden auf der Strecke wie die vom ehemaligen Bundeskanzler Kohl, der Gorbatschow die deutsche Einheit abgerungen habe. Tatsächlich habe das Politbüro der KPdSU sich schon im Januar 1990 entschlossen, ihr zuzustimmen.